Zeugen Jehovas – „Wer auf sein Herz vertraut, ist DUMM?“

Römer 2:15

Link zum Video:

https://youtu.be/lrQGqWuDbaA

Heute befassen wir uns mit einem Schulungsvideo der Zeugen Jehovas, das sich mit Gefühlen und Herzensentscheidungen befasst. Die Aussage dieser Ansprache von William Malenfant lautet auf den Punkt gebracht: „Wer auf sein Herz vertraut, ist dumm.“ Ihr werdet gleich verstehen, warum ich das sage und was ich meine.

Der Redner, Helfer des Lehrkomitees der leitenden Körperschaft, warnt vor den Gefahren eines trügerischen Herzens - anders ausgedrückt: Davor, auf unser von Gott gegebenes Gewissen zu hören. Allein auf unser Herz zu hören wäre DUMM.

Er zitiert das weltliche Sprichwort „Höre auf dein Herz“ und stellt fest, dieses Sprichwort sei in der Welt sehr beliebt. Er dagegen hält dieses Sprichwort für trügerisch.

Dieses Sprichwort ist Ziel des Anliegens seiner Ansprache. Jedoch wirft dieses Anliegen tiefgehenden Fragen auf und regt zu einer kritischen Reflexion über unser Herz an, wenn er behauptet, auf unser Herz zu hören sei dumm. Wow, man lasse das einen Moment sacken. Meint er das wirklich so?

Nun, so ähnlich steht es tatsächlich in der Bibel, doch wird die biblische Aussage vom Redner auf eine Weise verwendet, die als heimtückisch bezeichnet werden könnte. Warum? Wie wir wissen, möchte die Organisation nicht, dass man selbständig denkt und entscheidet. Deshalb betont der Redner die Wendung „verräterisches Herz“.

Doch so grob und pauschal, wie der Redner es uns hier im Verlauf seiner Rede vermittelt, kann man die biblische Aussage nicht sehen. Auch entspricht es nicht dem, was unser Schöpfer denkt. Natürlich warnt uns die Bibel, das Wort Gottes, vor schlechten Entscheidungen. Doch vielleicht ist der von Herrn Malenfant propagierte „Schutz vor schlechten Entscheidungen“ nur ein Vorwand, um uns handlungsunfähig zu machen.

Es ist anerkennenswert, dass der Redner den Vers weiter im Zusammenhang zitiert. Doch noch besser wäre es, wenn wir selbst schauen, was die Bibel an anderen Stellen über das Herz aussagt.

Der Redner versucht zwar, seine Aussage zu relativieren, jedoch ist dieses JWOrg-Lehrvideo tatsächlich ein Meisterstück widersprüchlicher Aussagen und Verdrehungen. Falls er sagen wollte, blind seinem Herzen, seinen Gefühlen und Emotionen zu folgen und die göttliche Weisheit außen vor zu lassen ist dumm, so wäre das grundsätzlich richtig. Die Frage ist nur: WER vermittelt uns die göttliche Weisheit?

Wie schon erwähnt, verfolgt die Wachtturmorganisation das Ziel, sich selbst als Vermittlerin göttlicher Weisheit zu positionieren. Jeder, der sich weigert, die Wachturmorganisation als Quelle göttlicher Weisheit zu akzeptieren, sei demnach dumm.

Weiter führte er aus: „Früher folgten wir unserem Herzen, jetzt aber hören wir auf das, was Jehova sagt“ – wirklich? Aus Erfahrung weiß jeder Zeuge, dass er eigentlich „jetzt hören wir auf das, was Jehovas ORGANISATION sagt” hätte sagen sollen.

Lasst uns nun sowohl Logik als auch die Schrift verwenden, um zu zeigen, wie falsch diese grundsätzliche Aussage seines Vortrags ist. Wir wollen einen Blick darauf werfen, was die Wachturmgesellschaft in ihren eigenen Veröffentlichungen über das Herz gesagt hat. In einem Wachturmartikel mit dem Titel „Erkenne das Herz der Menschensöhne“ heißt es, Zitat:

„Jehova kennt unser Herz und kümmert sich sehr um uns und um das, was aus unserem Inneren kommt. Aus der Schrift geht hervor, dass unsere Motivation die treibende Kraft ist.“

Halten wir fest: Gott kennt unsere Herzen, und unsere Motivationen kommen aus unserem Herzen – das ist eine Tatsache, der niemand widersprechen wird. Aber dennoch sollten wir unserem Herzen NICHT folgen? Hier stimmt doch etwas nicht.  

Weiter sagt er indirekt: „Wer seinem Herzen folgt, hat seinen Glauben an Gott verloren.“ Aber das lehrt die Bibel so nicht. Sie lehrt: Nur wer BLIND seinem Herzen, seinen Gefühlen und Emotionen folgt UND DABEI GÖTTLICHE WEISHEIT AUSSER ACHT LÄSST, lebt ohne Gott und hat seinen Glauben verloren. Doch auch hier wieder Herrn Malenfants verräterischer Hinweis, nur wir – nur Jehovas Zeugen – hörten auf Gottes Wort, wohingegen alle anderen gottgläubigen Menschen, die ihrem Herzen folgen, „leeren Worten“ folgten. „Nur wenn du der Organisation Jehovas folgst, bist du in der Wahrheit.“ Das ist die Botschaft, die er zwischen den Zeilen vermittelt.

Wir müssen auch bedenken, dass an vielen Stellen in der Bibel das verwendete hebräische Wort für Herz sich auf den inneren Menschen bezieht. Verstand und Emotionen werden hier angesprochen. Das sollten wir wissen. Der Sprücheschreiber warnt davor, nur auf sich selbst zu vertrauen, ohne Weisheit oder Führung. Er sagt NICHT, man solle niemals aufs Gewissen hören oder auf Gefühle achten. Das würde nämlich dem widersprechen, was die Bibel sonst noch über das Herz sagt. König Salomo bat Gott um ein verständiges Herz, damit er zwischen Gut und Böse unterscheiden könne. In Römer 10:10 sagt Paulus: „Mit dem Herzen glaubt man zur Gerechtigkeit“, was nichts anderes bedeutet, als dass wir mit unserem Herzen glauben. Paulus dachte also nicht, unser Herz sei immer „dumm und verräterisch“. Hier ist mein Lieblingszitat, das Herrn Malenfants Argument völlig zunichte macht:

1. Johannes 3:20 und 21, Zitat:

„Wenn unser Herz uns verurteilt, so ist Gott größer als unser Herz und weiß alles. Wenn unser Herz uns nicht verurteilt, haben wir die Freiheit der Rede vor Gott.“

Johannes sagt uns hier, dass wir unser Herz dahingehend prüfen sollten, ob es uns verurteilt oder nicht. Das ist das genaue Gegenteil von dem, was Malenfant lehrt.

Ja, unser Herz ist betrügerisch und zu allem fähig – und dennoch: Obwohl Jehova unser Herz kennt, fordert er uns auf, auf unser Inneres zu hören, und wie selbst Der Wachtturm richtig sagt, geht aus der Schrift hervor, dass unsere Motivation aus dem Herzen kommt und die treibende Kraft unseres Glaubens sein sollte.

Nun erklärt der Redner auch, welche Menschen in der Bibel als „dumm“ oder töricht eingestuft werden. Hier wird es interessant, wenn er richtigerweise feststellt, in der Bibel werde Unwissenheit nicht zwingend als Dummheit oder Torheit verstanden, sondern als Mangel an Wissen und Verständnis gesehen. Dummheit zeige sich eher darin, göttliche Weisheit abzulehnen. Doch hier ist der Knackpunkt. Die Organisation, die sich als Vermittler dieser göttlichen Weisheit präsentiert, etikettiert jene, die ihrer Lehre nicht folgen, als „dumm“. Diese Sichtweise ist problematisch, da sie Menschen, die über andere Erfahrungen, Perspektiven oder Erkenntnisse verfügen, herabsetzt. Es ist wichtig, die Vielfalt des Wissens zu erkennen und einen respektvollen Dialog zu fördern, anstatt auf Abgrenzung und Verurteilung zu setzen.

Er hat auch recht, wenn er sagt, die Erde sei von Menschen bevölkert, die in der Mehrzahl göttliche Weisheit ignorieren. Dessenungeachtet haben viele Menschen, die keine Zeugen Jehovas sind, einen Weg über Christus zu Gott gefunden und folgen ihrem Herzen. Wer Weisheit und die Wahrheit sucht, kann sich also durchaus von seinem Herzen leiten lassen. Doch betreffs dieses Szenarios lehnt der Redner die Vorstellung, seinem Herzen zu folgen, rundweg als töricht ab, und leugnet die Tatsache, dass echte Weisheit oft im Einklang mit Gefühlen steht. Vielleicht sollte er deutlicher die Balance zwischen dem Verstand und Emotionen betonen statt diese gegeneinander auszuspielen. Doch fürchte ich, dass ich hier zu positiv denke.

Sodann bemerke man, wie geschickt er Psalm 49:10-13 mit seinem Thema verbindet, obwohl dieser Text nur sehr entfernt – wenn überhaupt – etwas mit dem Thema zu tun hat:

„Denn wir sehen: Auch die Weisen sterben, und müssen ihr Gut andern überlassen. Der Mensch kann nicht bleiben in seiner Pracht, sondern muss davon wie das Vieh. Sie liegen im Totenreich wie Schafe, der Tod weidet sie, aber die Frommen werden am Morgen über sie herrschen; ihre Gestalt wird vom Totenreich verschlungen; sie hat keinen Bestand“.

Er betont, das Streben nach irdischem Vermögen sei aus Sicht der Zeugen Jehovas dumm, da der Text verdeutliche, dass materielle Besitztümer letztlich vergänglich sind und der wahre Wert im spirituellen Leben liegt. Grundsätzlich müssen wir dieser rein biblischen Warnung zustimmen. Jedoch gründet sich die Warnung des Redners – seines Zeichens Vertreter der Wachtturmorganisation – vor der Jagd nach Reichtum auf eigennützigen Motiven der Organisation, da ein solches Streben die wahre Hingabe an, und den Zeiteinsatz für Jehovas Organisation gefährdet. Gemäß dem Redner sollten Loyalität zur Organisation und Hingabe an die von ihr angeordneten Tätigkeiten im Mittelpunkt stehen, um ein erfülltes Leben im Glauben an die Organisation zu führen.

Hier wird offenbart, worum es in dieser Ansprache wirklich geht, nämlich, das Streben nach Wohlstand und Vermögen im Sinn der Organisation als dumm zu bezeichnen. Das Streben nach beruflicher Karriere wird von der Organisation verteufelt. Sie ist besorgt, dass Jehovas Zeugen sich zu sehr auf materielle Dinge konzentrieren und dadurch ihren Fokus auf ihre religiösen Pflichten gegenüber der Organisation verlieren. Diese Warnung spiegelt sich so oder ähnlich in vielen ihrer Publikationen wider, wo betont wird, dass das Streben nach irdischem Wohlstand nur vorübergehender Natur, und die wahre Erfüllung im Glauben an, und in Gemeinschaft mit der Organisation zu finden sei. Die Mitglieder werden ermutigt, ihre Prioritäten zu überdenken und sicherzustellen, dass ihr Einsatz für die Organisation und ihre „geistige Gesundheit“, d. h. ihr totales Ausgerichtetsein auf die Organisation, stets zusammen an erster Stelle stehen.

Materielle Dinge sollten für die Gläubigen lediglich Mittel zum Zweck sein und nie das Hauptziel. Dies spiegelt auch die Lehren Jesu wider, der betonte, dass der wahre Reichtum im Glauben und in zwischenmenschlichen Beziehungen liegt. Warum werden seine Worte in diesem Zusammenhang nicht zitiert?

Wenn unser Herz in dieser Hinsicht wirklich so verräterisch ist, wie sind Menschen dann überhaupt dazu gekommen, an Gott zu glauben? Darüber sollte man nachdenken. Fühltest du etwas im Herzen, als du die Wahrheit über Christus erfuhrst?

Ging es dir „wie ein Stich durchs Herz“, wie in Apostelgeschichte 2:37 laut der Menge-Übersetzung beschrieben, als das Haus Israel durch Petrus erfuhr, dass Gott den Gekreuzigten zum Herrn und Christus gemacht hatte? Die Redewendung "es ging ihnen wie ein Stich durchs Herz" beschreibt eine tiefgreifende emotionale Reaktion auf die gute Botschaft des Evangeliums im Herzen der Zuhörer. Die Kraft dieser Botschaft kann uns aufrichten und ermutigen. So wird das Herz zum Zentrum des Glaubens.

Ja, das Herz kann ein zwiespältiger Führer sein. Und wenn wir unserem Herzen blind folgen, riskieren wir, von falschen Überzeugungen geleitet zu werden. Daher sollten wir kritisch hinterfragen, was wir und andere, einschließlich der leitenden Körperschaft der Zeugen Jehovas, sagen und tun. Jedoch warnt uns die leitende Körperschaft der Zeugen Jehovas davor, auf unser Herz zu hören und bezeichnet es als „dumm“. Was steckt hinter dieser Warnung? Können wir die Wahrheit finden, wenn unser Herz nicht kritisch hinterfragt, was uns gelehrt wird?

Der Redner bringt nun das Thema „Evolution“ zur Sprache, obwohl es für gläubige Christen irrelevant sein sollte. Der Glaube an die Evolution und das Vertrauen in das Herz schließen sich nicht aus. Die Ablehnung der Evolutionslehre durch die Wachtturmorganisation bedeutet nicht automatisch, im Besitz der absoluten Wahrheit in anderen Bereichen zu sein. Diese Verbindung mit der Evolutionstheorie dient hier als Blendgranate, um Zweifel und Verwirrung zu schüren. Das Konstrukt, der Glaube an die Evolutionstheorie sei mit einem unbotmäßigen Vertrauen in das eigene Herz verknüpft, scheint mir sehr weit hergeholt.

Lasst mich erklären, was hier passiert. Warum sollte man seiner Ansicht nach nicht auf sein Herz hören? Nun, die Organisation ist in Panik; sie verliert Mitglieder, vor allem jüngere, und viele treten aus, weil IHR HERZ ihnen sagt, dass etwas mit und in der Organisation nicht stimmt. Viele sehen, dass es falsch ist, Kindesmissbrauch zu verheimlichen. Ihr Herz sagt ihnen, dass es falsch ist, sowohl falschen Vorhersagen zu folgen als auch, diese zu entschuldigen, und das es falsch ist, wenn Familien wegen falscher Lehren zerstört werden.

Doch die Antwort der Organisation lautet „Vertraut eurem Herzen nicht, das ist verräterisch“. Hier ist der Punkt. Wenn sich unser Gewissen meldet, hat es einen Grund. Laut Römer 2:15 tragen Menschen den Inhalt des Gesetzes in ihrem Herzen geschrieben. Unser Gewissen, unser Herz, legt Zeugnis ab und leitet uns.

Es gab Zeiten, in denen Zeugen Jehovas ihre Kinder lieber sterben ließen anstatt eine lebensrettende Bluttransfusionen anzunehmen, während ihr Herz sie anschrie, ihr Kind zu retten. Dieses Herz soll verräterisch und „dumm“ sein?

Weißt du, was in dieser Ansprache fehlt? Jehovas Zeugen sagen, sie seien Christen, und man könnte erwarten, dass zu diesem „Herzens“-Thema wenigstens etwas zitiert wird, was Christus lehrte. Zum Beispiel Matthäus 5:8 „Selig sind die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen“, oder Matthäus 22:37 „Du sollst den Herrn deinen Gott lieben von ganzem Herzen.“

Wie können wir Gott mit ganzem Herzen lieben, wenn das Herz völlig verräterisch ist? Warum sagt Lukas 6:45 „Ein guter Mensch bringt aus dem Schatz seines Herzens Gutes hervor“? Stattdessen lehrt die Wachtturmgesellschaft, man solle seinen eigenen Gefühlen nicht trauen. Wenn dir dein Herz sagt, dass etwas mit ihren Lehren oder Richtlinien nicht stimmt, hält die Organisation dagegen und behauptet, dieses Gefühl sei „verräterisch“. Wenn du an der Organisation irgendwelche Zweifel hast, wird dir gesagt, diese Zweifel seien „gefährlich“.

Das ist Manipulation wie aus dem Lehrbuch. Dein Herz ist nicht dein Feind; auf dein Gewissen NICHT zu hören, DAS ist dumm. Ja, gläubige Christen sollten ihre Gefühle anhand der Schrift überprüfen und sich nicht völlig von ihrem Herzen trennen.

Gott gab dir den Verstand zum Denken; er schenkte Dir ein Herz zum Fühlen; er hat dir ein Gewissen gegeben, das dich leitet. Prüfe deshalb und recherchiere anhand der Schrift und nicht nur anhand von Wachtturm-Publikationen. Vielleicht stellst du wie ich fest, dass dein Herz dir die ganze Zeit etwas Wichtiges sagen wollte.

Doch wie gesagt, die Antwort des Redners lautet „Vertraue deinem Herzen NICHT“. Warum wird von ihm gerade DIESE Aussage der Bibel über das Herz so einseitig betont? Ja, unser Herz kann uns täuschen, doch in erster Linie steht es für ein gutes Gewissen und Liebe gegenüber unseren Mitmenschen, unserer Familie und unserem Schöpfer. Was jedoch der Redner hier versucht, ist, unsere von Herzen kommende Liebe auf die „Organisation Jehovas“ , auf den Wachtturmkonzern, umzuleiten.