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Jeder Präsident der WTG hatte seine Schwerpunkt–Lehre

  • Autorenbild: Bruder
    Bruder
  • 31. Okt.
  • 11 Min. Lesezeit

Oder: Wie "Wahrheiten" angepasst und teilweise sogar dramatisch verändert wurden. 



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Mit dem heutigen Artikel und Video befassen wir uns wieder einmal mit den dramatischen Veränderungen der Wachtturmorganisation. Veränderungen der Lehre und der Organisationsstruktur sind eigentlich nichts ungewöhnliches, auch wenn es im Augenblick nicht so scheint. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass mit jedem "Präsidenten"-Wechsel sogenannte "Wahrheiten" angepasst und teilweise sogar drastisch verändert wurden.


Deshalb kann man sagen: Die Religion der Zeugen Jehovas ist heute nicht mehr dieselbe, mit der ich und viele langjährige Zeugen aufgewachsen sind. Das heutige Video belegt, dass sich nicht nur die sogenannte "Wahrheit" änderte, sondern auch die am häufigsten zitierten Schriftstellen in den Publikationen während jeder Präsidentschaft änderten und unterschiedlich betont wurden.


Wenn die Wachtturmorganisation daher behauptet, die "einzige von Gott geleitete, wahre Religion" zu sein, gibt dies zu schwerwiegenden Fragen Anlass, denn wenn dem so wäre, dann sollte man größere Beständigkeit erwarten. Selbst wenn es hier und da einige Änderungen gäbe, sollte die grundlegende Botschaft und die fundamentale Linie bestehen bleiben.


Stattdessen stellt man fest, dass sich mit jedem "Präsidenten"-Wechsel die Häufigkeit der Erwähnung sowie der Fokus zentraler Bibeltexte immer wieder verschoben. Hier liegt keine "Verfeinerung des Verständnisses", sondern ein kompletter Wechsel, ein Austauschen der "Wahrheit" vor. Besonders die ersten drei "Präsidentschafts"-Wechsel verdeutlichen, was ich meine. 


Beginnen wir mit Charles Taze Russell, dem sogenannten Gründer der Wachtturmgesellschaft.


Seine Theologie – seine "Wahrheit" – unterscheidet sich fundamental von dem, was Jehovas Zeugen heute lehren. Dies sieht man besonders daran, welche Schriftstellen für ihn die wichtigsten waren, d. h., die er am häufigsten zitierte. Das Gesamtbild unserer Betrachtung wird zeigen, dass Russells Fokus das war, was als "Wiederherstellungstheologie und Versöhnung mit Gott" umschrieben werden könnte.


Im Gegensatz hierzu wurde ab der Ära Rutherfords die Lehre von der "Rechtfertigung des Namens Jehovas" betont, und der Schwerpunkt der guten Botschaft von Jesus Christus verschob sich in Richtung "Organisation", der "Organisation Jehovas". 


Für Russell bildete zum Beispiel Apostelgeschichte 3:21 einen wichtigen Gesichtspunkt der guten Botschaft – die "Zeit der Wiederherstellung aller Dinge". Hierbei handelt es sich um einen theologischen Begriff (Apokatastasis), der die endgültige Wiederherstellung aller geschaffenen Dinge in einen Zustand der Versöhnung und Einheit mit Gott beschreibt. Dieser Begriff ist eng mit dem biblischen Konzept des neuen Bündnisses, der Ankunft von Jesus Christus und der Hoffnung auf das Reich Gottes verbunden. Aber darauf wollen wir jetzt nicht näher eingehen.


Russells religiöser Hintergrund war elterlicherseits geprägt durch Presbyterianer sowie den Kongregationalismus. Er stieß sich aber an den Lehren von der Vorherbestimmung und der ewigen Verdammnis. Gemäß seiner Überzeugung konnte es nicht sein, dass ein liebevoller Schöpfergott Menschen erschuf, um dann im Voraus zu bestimmen, ob diese nach ihrem Tod ewig gequält werden sollten oder nicht. Diese Vorstellung konnte er mit seinem Glauben an einen liebevollen Schöpfer nicht in Einklang bringen. Auch wenn man viele Lehren Russells heute in Frage stellen muss, weil sie biblisch nicht zu begründen sind und teilweise extrem spekulativ waren – in diesem Punkt lag er zweifellos richtig. In der Folge wandte er sich dem Adventismus zu, der für seine weitere Entwicklung maßgebend wurde.


Jedoch muss im Lichte der Top-10-Schriftstellen, die er immer wieder verwendete, festgestellt werden, dass er eine komplett andere Theologie vertrat als Jehovas Zeugen heute. Wie schon erwähnt, war für ihn der wichtigste Text das 3. Kapitel der Apostelgeschichte, Verse 19–23. Er glaubte an die Wiederherstellung aller Dinge und daran, dass durch das Lösegeld Christi letztendlich die Möglichkeit geschaffen wurde, dass die gesamte Menschheit wiederhergestellt und mit Gott versöhnt werden konnte. Jehovas Zeugen glauben zwar auch an eine "Wiederherstellung des irdischen Paradieses für die Menschen durch Jehova", doch Russells Lehre war weniger auf Jehova, sondern vielmehr auf den Erlöser Jesus Christus ausgerichtet. Er konzentrierte sich nicht so sehr auf eine globale Zerstörung und ein "Gericht von Armageddon", so wie heutige Jehovas Zeugen dies tun. Ihm ging es um Wiederherstellung und Versöhnung mit Gott. Jedoch fehlen Schriftstellen, in denen es um "organisatorische Autorität", "endzeitliche Dringlichkeit" und ein feuriges Endgericht mit einer Massenvernichtung der Menschheit geht, in Russells Theologie fast gänzlich.


Heute betonen Jehovas Zeugen dagegen die Vernichtung aller derjenigen, die ihre Botschaft ablehnen und sich somit "vorsätzlich weigern, Gott zu gehorchen". Selbst wenn sie sich mittlerweile von ihrer jahrzehntelang gelehrten Lehre von einer "hagelsteingleichen Vernichtungsbotschaft", die sie unmittelbar nach dem "Ausbruch der großen Drangsal" den "bösen und ungehorsamen Menschen", die sich bis dato nicht der Herrschaft der Wachtturmgesellschaft unterworfen haben, predigen würden, distanziert haben: Am grundsätzlichen Gedanken der "Vernichtung" der Masse aller Menschen, die bis Armageddon keine Zeugen Jehovas geworden sind, hat sich nichts geändert. Durch Armageddon würde sichergestellt, dass die "neue irdische Gesellschaft" von Anfang an aus "willigen Untertanen dieses Königreichs" besteht.


Russell lehrte zwar auch, dass 1914 ein bedeutsames Jahr sein würde, aber seine Theologie war letztlich optimistisch, was die Zukunft der Menschheit betraf. Er lehrte einen liebevollen und barmherzig Gott und dessen Plan, so viele Menschen wie möglich zu retten.


Ich weiß, Jehovas Zeugen werden hier einwenden, dass auch ihre heutige Botschaft in diesem Sinne optimistisch sei. Wohl mag ihre sogenannte "gute Botschaft" in ihren Augen optimistisch sein, aber ist sie das wirklich? Wohl kaum. Außenstehende können diese Botschaft kaum als optimistisch bewerten, da das von ihr proklamierte "Strafgericht von Armageddon" bedeutet, dass Milliarden Menschen vernichtet werden und die Hoffnung auf ein Leben im Paradies mit strengen Regeln und Verboten und mit immerwährendem und nie nachlassendem Einsatz für die "Organisation Jehovas" verbunden ist.


Die zentrale Botschaft der WTG proklamiert die Rettung einer auserwählten Gruppe von 144000, die aufgrund ihrer exklusiven Auserwählung schon heute vollkommen gerechtgesprochen worden seien und deshalb mit ihm als "Könige im Himmel" über die im zukünftigen "irdischen Paradies" lebenden Menschen regieren würden. Ein Teil dieser Gruppe der 144000 sei von Jesus im Jahr 1919 als der sogenannte "treue und verständige Sklave eingesetzt" worden, um die Mehrheit der übrigen Gläubigen mit "geistiger Speise", bestehend aus Anweisungen, Regeln und Lehren der WTG, zu versorgen, um sie "auf das Leben im irdischen Paradies vorzubereiten".


Für die Masse aller heutigen Zeugen Jehovas ist es eine Ehre und Lebensaufgabe, diesen "Sklaven" zu unterstützen und das "Wort Jehovas" zu verbreiten, wie es von dieser "Sklavenklasse" ausgegeben wird. "Beteiligung am Predigtdienst" und die Verbreitung der WTG-Schriften wurden und werden als Glaubensbeweis gewertet ein Gedanke, den Russell kaum als Weg der Rettung vertrat.


Diese Art des Leistungsevangeliums wurde erst durch den zweiten Präsidenten J. F. Rutherford formuliert. Als Russell 1916 starb, übernahm 1917 Josef Franklin Rutherford das "Präsidenten"-Amt, und wir wissen: Mit ihm änderte sich alles; seine Lehren prägen bis heute die Organisation. Rutherfords wichtigste Schriftstelle wurde Matthäus 24:14:

"Diese gute Botschaft vom Königreich wird auf der ganzen bewohnten Erde gepredigt werden, allen Nationen zu einem Zeugnis, und dann wird das Ende kommen."

Rutherford führte 1931 die Bezeichnung "Jehovas Zeugen" ein und berief sich dabei auf Jesaja 43. Mit dieser Selbstbezeichnung entstand eine völlig andere Religion. Das war nicht mehr Russells optimistische Wiederherstellungbewegung – das war eine Armee Gottes, die sich auf Armageddon vorbereitete.


Vor dieser Zeit waren Jehovas Zeugen bekannt unter dem Namen "Ernste Bibelforscher". Nach dem Tod Russells (dem Gründer der "Bibelforscher") riss J. F. Rutherford die Führung der Wachtturmgesellschaft an sich, was zu erheblichen Meinungsverschiedenheiten führte. Er verdrängte Russells "Schriftstudien" durch eigene Schriften, und die von ihm der Bewegung gemäß seinen eigenen Vorstellungen mit Gewalt aufgezwungene Reorganisation führte zu einer Spaltung, bei der sich die sogenannten "Zeugen Jehovas" von den "Ernsten Bibelforschern" trennten. 


Im Jahr 1925 startete Rutherford die Kampagne "Millionen jetzt Lebender werden nie sterben" – eine reißerische Prophezeiung, die sich jedoch als genauso falsch erwies wie Russells frühere Endzeitvorhersagen. Rutherfords Schriften handeln von Krieg, Trübsal und Gericht; eine völlig andere Religion entstand. Was unter Russell als optimistische Wiederherstellungsbewegung begann, schmiedete Rutherford in eine aggressive "Armee Jehovas" um.


Ein entscheidender Punkt, dem Rutherford widersprach, war die Behauptung Russells, er sei der "treue und verständige Sklave" gewesen. Und tatsächlich: Auch heute noch wird C. T. Russell in der "überlappenden Generations"-Lehre, so wie sie von David Splane mit Schaubild und Zeigestock dargelegt wurde, explizit nicht erwähnt.

 

Der Begriff "überlappende Generation" bezieht sich auf eine neuere theologische Lehre – ein sogenanntes "helleres" oder "neues Licht" – der derzeitigen obersten WTG-Führung, nach der bestimmte Personen der "alten" oder der "neuen Generation" zugeordnet werden. Gemäß diesem Konstrukt muss Russell – als Gründer der in den 1870ern ins Dasein gekommenen Bibelforscherbewegung – als "Teil der ersten Gruppe der überlappenden Generation" betrachtet werden. 


Kommen wir zum dritten Präsidenten der WTG, Nathan Homer Knorr, der 1942 das Amt übernahm, und wieder einmal änderte sich die Wichtigkeit bestimmter Bibelstellen. Allerdings bleibt Rutherfords apokalyptische Dringlichkeit bestehen, so wie die Verwendung von Matthäus 24:14 als zentralem Text. Er zitierte Matthäus 24:14 sogar noch häufiger als Rutherfort. Er baute die Organisation weiter aus und machte sie zu einem ausgeklügelten Verlags- und Lehrbetrieb. Er lehrte den Zeugen seine Vision von der Zukunft im "Paradies auf Erden", indem er festlegte: "Tu einfach, was die Organisation sagt, und du wirst für immer im Paradies leben".


Hebräer 10:24 wird für Jehovas Zeugen zum Standardtext und bedeutet für sie, sämtlichen von der WTG verbindlich festgelegten Zusammenkünfte ohne Wenn und Aber beizuwohnen, da diese der "Schulung für den Predigtdienst" dienen. Unter Knorrs Ägide wurden spezielle "Schulen" eingeführt und die "Wachtturm-Bibelschule Gilead" für sogenannte "Missionare" gegründet.


Und wieder einmal ändert sich das Wesen der Religion. Ab jetzt geht es um organisatorische Konformität, die als "christliche Lebensführung" schöngeredet wird. Der "endzeitliche Dringlichkeitsgedanke" wird mit den in 2. Timotheus 3:1-5 beschriebenen schrecklichen Zuständen der "letzten Tage" begründet und dient zum Befeuern der Anweisung: "Folge der Organisation, und du wirst gerettet." Diese Strategie des Schürens von "Dringlichkeit" dient damals und auch heute weiterhin zur Mitgliederbindung.


Ein weiterer wichtiger Meilenstein: Knorr autorisierte die "Neue-Welt-Übersetzung der heiligen Schrift", die 1950 veröffentlicht wurde und die WTG-seitige Kontrolle über den biblischen Text ermöglichte. Jetzt war es der Organisation möglich, mit ihrer eigenen Bibel ihre Lehren noch expliziter zu unterstützen.


Dies fasst die Ära des "Präsidenten" Knorr zusammen. Natürlich könnte man noch weitere "Höhepunkte" seiner "Präsidentschaft" anführen, denn unter seiner Ägide festigten sich sowohl die heutigen Organisationsstrukturen als auch ein Großteil der aktuellen WTG-Lehren und -Praktiken.


Nach seinem Tod übernahm Frederick William Franz von 1977 bis 1992 die Präsidentschaft. Frederick Franz war der leitende Übersetzer der "Neuen-Welt-Übersetzung", er war also schon sehr lange vor seiner Präsidentschaft tief in die Theologie der Organisation eingebunden. Die Schriften und Daten aus seiner Zeit zeigen, wie er die Lehren von Knorr noch verfeinerte. Doch blieb Matthäus 24:14 weiterhin die Nummer 1. Auch der apokalyptische Dringlichkeitsgedanke auf der Grundlage von 2. Timotheus 3:1-5 wird weiter stark betont. Besonders die Lehre von der "großen Volksmenge" baute er weiter aus.


Betrachten wir genauer, welche Texte unter Franz besonders häufig auftauchten, z. B. Lukas 23:43. Warum ist es wichtig, auf diesen Vers noch näher einzugehen? Hier zeigt sich, wie die WTG ihre "Neue-Welt-Übersetzung" ihren Lehren anpasste. Die traditionelle Wiedergabe von Lukas 23:43 lautet "Wahrlich ich sage dir – Komma – heute wirst du mit mir im Paradies sein". In der "Neuen-Welt-Übersetzung" wurde das Komma jedoch versetzt, und so lesen Jehovas Zeugen diesen Vers als "Wahrlich ich sage dir heute, du wirst du mit mir im Paradies sein". Damit änderte man die Bedeutung der Worte Jesus dahingehend, dass ihre Erfüllung erst in der zukünftigen irdischen Auferstehung erfolgen würde, was besser zu ihrer Lehre einer Auferstehung in einem "irdischen Paradies" passt. Das ist die Art von doktrinärer Haarspalterei, wie Franz sie liebte. Als vermeintlicher "Gelehrter" mit abgebrochenem Griechischstudium konzentrierte er sich noch mehr auf Zeitabläufe und hochspekulative Berechnungen betreffs des "Kommens von Armageddon" ein gefährliches Unterfangen.


Franz ist für die überspannten Erwartungen betreffs des Jahres 1975 und deren Folgen verantwortlich. Er behielt die von Rutherford angeordnete starke Betonung der Organisation bei; besonders die Lehre vom "treuen und verständigen Sklaven" verfeinerte er. Er war überzeugt, alle seine Erklärungen kämen von Gott und seien unter der Leitung des Heiligen Geistes zustandegekommen. Wie aber können sich die vom Heiligen Geist vermittelten Wahrheiten immer wieder ändern? Der Heilige Geist führt uns nicht im Zick-Zack-Kurs zur Wahrheit.


Milton Henschels Präsidentschaft (1992-2000) war mit nur 8 Jahren relativ kurz, aber selbst in dieser kurzen Zeit kann man eine Verschiebung des Fokus in der Lehre erkennen. Matthäus 24:14 ist zwar immer noch der am häufigsten zitierte Vers, aber in den Schriften der Organisation gibt es einen bemerkenswerten Anstieg der Verwendung von Texten über christliche Eigenschaften und Ausharren. Verse wie Kolosser 3:13 "ertragt einander und vergebt"; Philipper 4:6 – Gebet; Hebräer 10:24 "einander ermutigen" gewinnen an Bedeutung. Die zunehmende Verwendung dieser Texte deutete schon damals auf einen milderen Ton hin.


Vielleicht brauchten die Menschen nach Jahrzehnten gescheiterter Armageddon-Prognosen und dem intensiven organisatorischen Druck Ermutigung, um durchzuhalten. Außerdem mussten sie nach dem Scheitern der "Generation von 1914"-Lehre etwas tun, um den "letzte Tage Dringlichkeits"-Druck aufrecht zu erhalten. Der Grundtenor dieser Zeitperiode lautete: "Einfach nur durchhalten." Henschel war keine starke Führungspersönlichkeit wie Rutherford oder Knorr; er wollte den Betrieb am Laufen halten und ihn nicht beeinträchtigen. "Wartet geduldig auf Armageddon", so lautete die Devise – man befand sich sozusagen im Warte- und Wartungsmodus.


Die Ära der "leitenden Körperschaft"


Mit den Jahren 2000-2025 kommen wir zur Jetztzeit und können die Entwicklung der Organisation in Echtzeit verfolgen. Von jetzt an wird die "Organisation Jehovas" von einem Leitungsgremium, der "leitenden Körperschaft", und nicht von einem autokratischen "Präsidenten" geführt.


Die Statistik der verwendeten Schrifttexte zeigt: Matthäus 24:14 steht immer noch ganz oben, aber wir sehen, dass ganz andere Texte und Themen stärker als bisher in den Vordergrund gerückt werden: Matthäus 28:19 "geht hin und macht Jünger"; Timotheus 3:16 "die ganze Schrift ist inspiriert"; Johannes 17:3 "Erkenntnis aufnehmen/Gott kennenlernen"; Hebräer 10:24 "unser Zusammenkommen nicht aufgeben". Organisatorische Aktivitäten und Regeltreue stehen im Fokus der Belehrung.


Die massive Betonung der Familie, des "christlichen Lebens" und der Kindererziehung all das spielte in der Vergangenheit zwar schon immer eine wichtige Rolle, doch wie es scheint, verstärkt in der gegenwärtigen Zeit. Die Organisation hat große Probleme mit Fluktuationen. Viele Zeugen verließen die Organisation und tun es zunehmend, vor allem junge Leute, und Informationen aus dem Internet bereiten der Organisation die allergrößten Probleme. Es gilt, die Mitglieder mit organisatorischen Aktivitäten zu beschäftigen, sie abzulenken. Um den Druck des organisatorischen Hamsterrads scheinbar zu erleichtern, senkte man "Stunden"-Anforderungen und ermuntert zu "Sonderaktionen". 


Und dann kommen wir zum Jahr 2021 bis zur Gegenwart, und etwas Faszinierendes geschieht: Matthäus 24:14, für fast ein Jahrhundert der wichtigste Bibelvers für einen Zeugen Jehovas, fällt von Platz 1 und wird abgelöst von Matthäus 6:33 "trachtet zuerst nach Gottes Königreich". Vielleicht denkst du, das sei doch unbedeutend, doch sieh, welche Texte uns sonst noch anspringen. Statt Angst vor Vernichtung und Endzeitdruck werden nun warme, ermutigende "Hirten"-Texte verwendet, die anzeigen, dass ein großer Wandel im einst so harschen Ton festzustellen ist. Das Thema "Dringlichkeit" steht nun offensichtlich nicht mehr so sehr im Fokus, was sich auch daran zeigt, dass die totalitäre "Predigtdienststunden"-Kontrolle für alle "normal"-Zeugen Jehovas aufgehoben wurde. Und wir wissen warum: Die Organisation befindet sich im Krisenmodus; sie verliert Mitglieder, besonders junge Menschen.


Die "Australische Königliche Kommission" und ähnliche Institutionen verschiedener Länder haben aufgedeckt, dass die sogenannte "Organisation Jehovas" ernste Probleme aufgrund ihres jahrzehntelang routinemäßig betriebenen Vertuschens von Kindesmissbrauchsfällen sowie ihrer drakonisch/menschenverachtenden Ausschlusspraxis hat. Und das Internet hat dazu geführt, dass sie ihre falschen Lehren und Vorhersagen sowie ihre doktrinären Kehrtwendungen nicht mehr schönreden und entschuldigen kann. Das führt zu finanziellen Problemen, und die Organisation war gezwungen, "Vollzeitdiener"- und "Bethel"-Personal zu entlassen, ihre Druckproduktion massiv herunterzuschrauben, Königreichssäle, Kongresshallen oder andere Immobilien zu verkaufen und Gemeinden zusammenzulegen.

 

Zusammenfassung

 

Das Gesamtbild unserer Betrachtung zeigt, dass während Russells Ära der Fokus auf eine Wiederherstellungstheologie und auf die Versöhnung des Menschen durch Jesus Christus mit Gott ausgerichtet war. Doch ab der Zeit Rutherfords stand die Lehre der "Rechtfertigung des Namens Jehovas" im lehrdogmatischen Zentrum, und der Schwerpunkt der guten Botschaft von Jesus Christus verschob sich in Richtung einer "Organisation Jehovas".


Unter "Präsident" Knorr trat die Verheißung eines "irdischen Paradieses" in den Vordergrund, insbesondere aber das Thema "Organisation" mit all seinen Aspekten von "organisatorischen Verfahrensweisen", "Schulungen" sowie Einheit/Einheitlichkeit und Kontrolle.


Sein Nachfolger Franz verfeinerte die Lehre. Besonders die "endzeitliche Dringlichkeit" wurde von ihm durch besondere Zeitberechnungen (1975) befeuert.


Milton Henschel war während seiner kurzen Präsidentschaft mit "organisatorischer Instandhaltung" und Ermutigung der Anhänger beschäftigt, und ab dem Jahr 2000 legte die "leitende Körperschaft" den Schwerpunkt auf institutionelle Konsolidierung und auf Strategien zur Mitgliederbindung.


Ab 2021 manifestiert sich ein milderer Ton von "Seelsorge", nebst einer ganzen Reihe grundlegender und erstaunlicher Veränderungen, so dass Rutherfords aggressiver Habitus und sein strenges Glaubensgebäude nun kaum mehr wiederzuerkennen ist.


Wenn du derzeit als "altgedienter" Zeuge Jehovas dies alles beobachtest, wirst du es schwer haben. Ich weiß, das zu hören und zu erleben ist schwer zu ertragen. Es widerspricht allem, was man dir beigebracht hat. Aber bitte denke darüber nach und frage dich, ob dies wirklich eine "Organisation Gottes" sein kann und ob Gottes Führung so aussieht, oder ob wir es hier nicht vielmehr mit einer rein menschlichen Führung ohne eine jegliche Führung durch den Heiligen Geist zu tun haben. 

 
 
 

77 Kommentare


Ursula
Ursula
10. Nov.

🐑 Der Weg des Glaubens 🐑


Wenn wir über den Glauben sprechen, stellen wir oft fest, dass die Reise nicht immer einfach ist. Manchmal gibt es Führer, die Fehler machen oder uns enttäuschen, aber das bedeutet nicht, dass wir unseren Glauben oder Zusammenkommen mit Christen aufgeben sollten. Es gibt viele kraftvolle Gründe, sich einer Religion anzuschließen, selbst wenn die Menschen, die uns führen, nicht perfekt sind. Lass uns gemeinsam einige dieser Gründe betrachten.


Gemeinschaft und Unterstützung: Zusammen stark 💪💗


Die Kraft der Gemeinschaft


In der Bibel heißt es: „Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.“ (Matthäus 18,20). Das zeigt uns, dass Gemeinschaft eine zentrale Rolle in unserem Glaubensleben spielt. Wenn wir Teil…


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Wildblume
Wildblume
vor 6 Tagen
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Hmmm, dann müsstest du dir eine freie Gemeinde suchen.

Wir sollen ja hinausgehen, um nicht an ihren Plagen teilzuhaben.

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Anpassungen, gewagte Vorhersagen, Änderungen, neue Schwerpunktlegungen bei Jehovas Zeugen -- aber sie tappen weiterhin im Finstern und verführen Massen:


http://www.christusbekennen.info/PDF/64-Zeugen_Jehovas_-_falsche_Propheten.pdf

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Ein Quiz, das Wissen schafft über Russell, Rutherford, Knorr etc. und ihre absurden Thesen:


https://www.jwinfo.de/wp-content/uploads/quiz-die-geschichte-der-zeugen-jehovas.pdf


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Schilo
02. Nov.
ree

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Schilo
09. Nov.
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Dann hast du halt nix mit Versiegelungen zu tun. Ist ok.

Gott und Jesus haben das alles im Griff.

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M.N.
02. Nov.

So, Ihr Lieben,


jetzt lasst uns doch mal zum eigentlichen Thema kommen.


Der Artikel stützt sich auf des EXJW Analyzer's Video 'The 7 Religions of Watchtower and Jehovah's Witnesses'. Ich habe mir dieses Video für meine Zwecke bearbeitet und in die folgende Übersichtstabelle eingedampft:

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Dass sich die einzelnen Phasen, Perioden oder Ären explizipt mit der jeweils herrschenden WTG-Führungsfigur i. V. bringen lassen ist ein Beleg dafür, dass betreffs der WTG keinerlei "Führung von oben" alias "Geistgeleitetsein" vorliegt, sondern alles ganz banalem und profanem Menschenwillen und -wirken zuzuschreiben ist, wie in jeder anderen, von Menschen geschaffenen Firma auch. Es waren zu jeder Zeit einzelne, mehr oder weniger starke Charaktere, teils ausgesprochene Alphamännchen und Machtmenschen, die dem wt-Konzern ihren Stempel aufdrückten. Mit…

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lila.lucky
lila.lucky
02. Nov.
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An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen...

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José
José
01. Nov.

Typisch ZJ.

Bitte aufwachen, die noch bei dieser Org. sind.

Organisationen/Sekten und sogar alle Kirchen gehen mit Doktrinen und Dogmen einher. Um sog. Christen zu kontrollieren und sie zu manipulieren.

Sie halten sich nicht an die reine Wahrheit der Schriften.

Vieles ist seit dem Konzil in Nicäa verändert worden. Die heutige Bibel ist nicht ganz einheitlich und vieles wurde abgeändert oder gar weggelassen. Siehe die Apogryphen / Ätiopische Bibel !

Naq Hamedi (ein Ort in Ägypten) unter andere Ausgrabungen sind alte Manuskripten aufgedeckt worden. Forscht weiterhin darin. Ich bin in letzter Zeit aufgewacht worden und habe an Erkenntnis dazu gewonnen. Auch das "Vater-unser-Gebet" wurde von den Institutionen/Kirchenväter nach ihren Gutdünken gefälscht! Auch Eva wurde absichtlich falsch interpretiert; sie wurde NICHT…


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lila.lucky
lila.lucky
08. Nov.
Antwort an

Wir sind frei vom abrahamischen Gesetzesbund und in Liebe Christi verwoben. Das hast Du schön gesagt.


Wir halten das Gesetz aus Liebe. Und verfehlt man trotzdem (zwangsläufig weil wir ja noch unvollkommen sind), ist die Schuld bereits aus Liebe gesühnt. Und aus diesem Wissen und Vertrauen heraus, soll ein Mensch vergeben.

So das Wort zum Sonntag 😉

LG

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