Hoffnungsvolle Stimmung unterJehovas Zeugen – sind sie erwachsen geworden?
- Bruder

- 25. Juli
- 8 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 4. Aug.

LINK zum Video: https://youtu.be/80X0uxK3L9M
Die neuste Entscheidung der leitenden Körperschaft, den Zeugen Jehovas das Zuprosten oder Anstoßen zuzugestehen, hat für Aufregung gesorgt. Viele sind überrascht, während andere die Veränderung als Fortschritt in der Betrachtung von Traditionen sehen.
Darum sprach Stephen Lett im Lagebericht der Leitenden Körperschaft Nr. 4 (2025) über das Thema "Wie wir uns bei Entscheidungen von biblischen Grundsätzen leiten lassen können".
Schnell kommt er zu der entscheidenden Frage: "Wie können wir uns als Christen bei Entscheidungen auf biblische Grundsätze stützen?"
Wie zu erwarten, hat er Mühe, zu begründen, warum jetzt einige WTG-Regeln nicht mehr so ernsthaft einzuhalten sind.
Mit einem Vergleich veranschaulicht er, warum jetzt einige Regeln nicht mehr gültig sind. Eltern stellen für ihre Kinder Regeln auf, um sie zu beschützen. Okay, sicherlich ein Vergleich, den wir alle verstehen. Doch was will er uns sagen? Möchte er damit ausdrücken, dass der Sklave seine Kinder jetzt wie Erwachsene behandeln und ihnen mehr Spielraum und Verantwortung überlassen will?
Seine Veranschaulichung deutet auf eine tiefere Reflexion über Verantwortung und Selbstbestimmung hin. Will er darauf hindeuten, dass Jehovas Zeugen nun die Fähigkeit entwickelt haben, eigenständig zu denken und Entscheidungen zu treffen? Allerdings muss man fragen: Ist diese Entwicklung tatsächlich dem "Erwachsenwerden" der Zeugen geschuldet, oder soll hier lediglich eine Illusion von Freiheit erzeugt werden.
Einerseits erfordert eine solche Selbstständigkeit persönliche Reife; andererseits könnte sie auch zu Verwirrung und Uneinigkeit führen. Doch wie dem auch sei, letztendlich bleibt die Frage, wie viel Freiheit und Verantwortung ein "Diener Jehovas" tatsächlich haben sollte und inwieweit dies zu seiner eigenen spirituellen Entwicklung beiträgt. Christen brauchen neuerdings keine Regeln, sie lassen sich von "biblischen Grundsätzen" und "einem geschulten Gewissen" leiten, so Lett.
Das hört sich zunächst erst einmal vernünftig an. Die Frage ist nur, wer schulte in der Vergangenheit das Gewissen eines Zeugen Jehovas? Wir haben nicht die Zeit, alle Beispiele und Regeln der Vergangenheit aufzuzählen. Stattdessen möchten wir uns mit zwei oder drei Regeln der Vergangenheit befassen, die auch von Lett angeführt werden. Zunächst aber erwähnt er drei Grundsätze, von denen sich Jehovas Zeugen bei ihren Entscheidungen leiten lassen sollten. Erstens: Würden wir durch unsere Entscheidung Jehova verletzen? Zweitens: Wie würde meine Entscheidung die Brüder in der Versammlung berühren? Und drittens: Wie denken die Menschen in meiner Gegend darüber?
Alle diese von Lett aufgezählten Grundsätze und Bibelverse sind für einen Zeugen Jehovas nicht neu. Der Zusammenhang zwischen Bräuchen und Religion in Bezug auf Frieden in der Gemeinde ist jedoch komplex und oft von Spannungen geprägt, auch unter Zeugen Jehovas. Und was das Bewahren von Frieden angeht, so wird in vielen Gemeinschaften erwartet, persönliche Überzeugungen zugunsten einer vermeintlichen Harmonie zu opfern. Die Angst, andere zu verletzen oder ihre Ansichten zu missachten, spielt dabei eine zentrale Rolle.
Ein entscheidender Aspekt in diesem Zusammenhang ist die Notwendigkeit, unterschiedliche Perspektiven zu berücksichtigen. Es reicht nicht, eine Entscheidung zu treffen, die einem selbst als richtig erscheint. Wie Paulus richtigerweise sagt, müssen die Empfindungen anderer Gemeindemitglieder ebenfalls Beachtung finden.
Dies kann jedoch dazu führen, seine individuelle Meinung und Glaubensüberzeugung unterdrücken zu müssen, was langfristig zu einer inneren Zerrissenheit und Unzufriedenheit führt.
Der Verweis auf das Pauluswort "dem Juden ein Jude, dem Griechen ein Grieche" ist in diesem Rahmen besonders zu hinterfragen. Es wird oft so interpretiert im Sinne von "sich an die kulturellen Gepflogenheiten anderer anpassen, um Einheit und Verständnis zu fördern". Allerdings kann diese Aussage auch missinterpretiert werden, insbesondere wenn sie aus dem Kontext gerissen und als universelles Prinzip angewendet wird.
In der heutigen Zeit, wo persönliche Erfahrungen und individuelle Glaubensüberzeugungen oft im Widerspruch zu traditionellen Lehren stehen, kann eine bloße Übenahme alter Prinzipien zu Missverständnissen und Konflikten führen. Die Organisation hat bisher verschiedene Bräuche der falschen Religion zugeordnet, so wie der im Rahmen dieses Themas wichtigste und spektakulärste Punkt, mit dem wir uns nun näher befassen möchten: Das Anstoßen und Zuprosten.
Viele Jahre haben Jehovas Zeugen diesen Brauch vermieden mit dem Argument, er sei auf "die falsche Religion" zurückzuführen. Doch nun heißt es auf einmal, dass es sich hierbei in vielen Fällen einfach nur um eine freundliche Geste handele. Deshalb sei die leitende Körperschaft "nach gebetsvoller Überlegungen zu dem Schluss gekommen", dass es keine Notwendigkeit für eine Regel gäbe und dass jeder Christ auf Grundlage der "Grundsätze", die Herr Lett gerade besprochen hat, und mit Hilfe seines "biblisch geschulten Gewissens" eine persönliche Entscheidung treffen solle.
Das hört sich zwar vernünftig an. Aber viele Jahre haben Zeugen Jehovas diesen Brauch vermieden, angeblich, weil er "möglicherweise auf die falsche Religion zurückzuführen" sei. Tatsächlich aber war der Grund der Vorschrift, diesen Brauch zu vermeiden, der, dass "der Sklave" es so wollte.
Für viele war das Zuprosten SCHON IMMER nur "eine freundliche Geste". Und nun ist die leitende Körperschaft "nach gebetsvoller Überlegung" zu dem Schluss gekommen, dass KEINE Regel notwendig sei, und dass nun jeder Einzelne "mit Hilfe von Grundsätzen und seinem biblisch geschulten Gewissen" selbst entscheiden könne?
Die Frage, ob es für Jesus nicht Wichtigeres zu tun gibt, mit dem er "seinen Sklaven" beschäftigt, ist berechtigt. Sollen Jehovas Zeugen jetzt glauben, ihr Gott Jehova habe nun in seiner unendlichen Weisheit auch die kleinen Freuden des Lebens genehmigt und die früheren Richtlinien aufgegeben?
Leider war es in der Vergangenheit für einen Zeugen Jehovas nicht einfach, auf Grund der rigorosen und oftmals unverständlichen Anweisungen der WTG, eigene Entscheidungen auf Grundlage seines "geschulten Gewissens" zu treffen.
Viele werden sich noch an die fragwürdigen Beispiele erinnern, die Lett hier aufzählt. Ob Tapetenmuster oder Schmuck, für diese alltäglichen Dinge galt es, das "vom Sklaven geschulte Gewissen" zu befragen. Immer stand die Frage im Raum, wie diese Dinge mit der falschen Religion verbunden sind. Lett zitiert aus dem "Erwachet!" vom März 1977 S. 12.
Ja, ich erinnere mich noch an diese Frage: Welche Einstellung sollte ein Christ zu Formen und Mustern einer Tapete haben, zum Muster eines Kleides, eines Teppichs, oder zu Schmuck? Bitte erst einmal prüfen, ob das irgendwie oder irgendwo mit der falschen Religion zusammenhängt!
Es war für einen Zeugen schon immer schwierig, alle eventuellen Möglichkeiten und Überlegungen zu erwägen, um bloß nicht "Jehova zu verärgern", und man darf gespannt sein, wie die Einzelnen auf diese neuerliche Änderungen reagieren werden.
In der Vergangenheit zeigten die Reaktionen auf Änderung dieser Art, wie unterschiedlich die Ansichten innerhalb einer Gemeinschaft sein können. Während einige die Aufhebung als positive Entwicklung sehen werden, mögen andere sie als eine Beleidigung empfinden, sowohl für ihre religiösen Überzeugungen als auch für den Respekt vor den traditionellen Werten, die sie als "von Jehova inspiriert" betrachteten.
Doch nun macht Lett eine interessante Aussage:
"Es kommt nicht darauf an was Menschen, die AUF DER ANDEREN SEITE DER ERDE LEBEN, über etwas denken, sondern darauf, was es im Moment für die meisten Leute in der Gegend, in der man lebt, bedeutet".
In der Tat: Der Standpunkt des Sklaven betreffs der Themenfrage hat sich in bemerkenswerter Weise verändert. Was einst als strikte Ablehnung von Bräuchen angeordet wurde, wird jetzt differenzierter gesehen. Bisher gab die behauptete "Wahrnehmung aufseiten der herrschenden Gesellschaft" den entscheidenden Ausschlag, weshalb in der Vergangenheit Jehovas Zeugen viele Bräuche mieden, um keinen "falschen Eindruck in der Nachbarschaft" zu hinterlassen.
"Jehova möchte uns ja nicht mit endlosen Regeln belasten" heißt es jetzt. Das ist erfreulich, doch tun die Männer der "leitenden Körperschaft" genau dies: Andere mit endlosen Regeln belasten. Dies erklärt, weshalb sich viele Zeugen fragen, warum sie mit extremer Angst und der Unfähigkeit, irgendwelche Entscheidungen zu treffen, aufgewachsen sind und bei jedem Gewitter dachten, Armageddon wäre da.
Das, was Herr Lett hier darlegt, ist eher als "Versuch einer Erklärung" zu sehen, und die Frage stellt sich: Wird in Zukunft eventuell auch das Feiern von Geburtstagen als "persönliche Entscheidung" zugelassen? Wird mit dieser Ansprache der Grundstein für die Entkriminalisierung von Geburtstagsfeiern gelegt? Sollte dies geschehen - was mir allerdings schwerfällt zu glauben -, werden viele ihrer Familie buchstäblich ins Gesicht lachen, und das ohne Reue. Und wenn wir davon ausgehen, dass eine Entkriminalisierung von Geburtstagsfeiern ins Haus steht, könnte man sich fragen, was genau dazu geführt hat, dass solche Feiern bisher in Frage gestellt wurden, doch jetzt nicht mehr. Gab es eine Veränderung in der Kultur und Tradition oder in der allgemeingesellschaftlichen Wahrnehmung?
Hier könnte man auch fragen, warum eine harmlose Feier, die nicht nur Freude, sondern auch Gemeinschaft und Zusammenhalt fördert, bisher verteufelt wurde.
Doch das ist ein anderes Thema, das wir demnächst gesondert besprechen werden. Die Diskussion über Geburtstage und ihre Bedeutung könnte auch ein Indikator für die Suche nach Freiheit und Freude innerhalb der Organisation sein. Angesichts der Tatsache, dass schon viele Ansichten über gewisse Bräuche in der Vergangenheit vom "Sklaven" geändert wurden – Bart, Hosen für Frauen, "Predigtdienst-Berichtsabgabe" u.a. – warum jetzt nicht auch das Feiern des Geburtstags erlauben?
Im "Erwachet!" vom 8. Januar 2000 hieß es in dem Artikel "Eine ausgeglichene Ansicht über populäre Bräuche":
"Die Ansicht über einen Brauch kann sich mit der Zeit verändern."
Herr Lett zitiert:
"Einen starken Einfluss auf das Brauchtum hat die Religion ausgeübt. Tatsächlich lassen sich viele Bräuche aus alter Zeit auf abergläubische und unbiblische Vorstellungen zurückführen."
Jehovas Zeugen durften keinen Geburtstag feiern, aufgrund eines angeblich "heidnischen Hintergrunds" und aufgrund "negativer Ereignisse", die in der Bibel in Verbindung mit Geburtstagsfeiern erwähnt werden. Die ersten Christen hätten angeblich keine Geburtstage gefeiert. Und dass Jesus seinen Geburtstag nie erwähnte, sei ein Grund dafür, dass Zeugen Jehovas keine Geburtstage feiern.
Es ist schon bemerkenswert, wie schnell sich religiöse Überzeugungen und Praktiken der Organisation derzeit verändern. Was einst als unverrückbare Regel angesehen wurde, wird plötzlich neu interpretiert oder sogar aufgegeben. Es ist schon faszinierend, zu beobachten, wie tief verwurzelte Überzeugungen innerhalb der Organisation auf einmal hinterfragt oder gar aufgegeben werden. Während das Anstoßen mit Gläsern jahrzehntelang als etwas betrachtet wurde, das "Jehovas Gefühle verletzen" könnte, kommt es plötzlich zu einem Umdenken.
Die Furcht, "Jehova traurig zu machen" und "seine Gefühle zu verletzen", hing für einen Zeugen Jehovas schon von Kindheit an wie ein Damoklesschwert über seinem Haupt. WTG-Regeln der Vergangenheit hatten Einfluss auf die zwischenmenschlichen Beziehungen zueinander und prägten das gesamtes Miteinander. Das Einhalten solcher Rituale galt als Ausdruck von Hingabe und Disziplin. Die Angst, den Gott, an den sie glauben, durch ein scheinbar simples Handeln zu beleidigen, war allgegenwärtig.
Doch nun, während "der Sklave" solche Gebote nach und nach aufhebt, scheint es, als öffne sich ein ganz neuer Horizont. Plötzlich ist es nicht mehr notwendig, derlei Traditionen mit solch strikter Ernsthaftigkeit zu befolgen. Ein Gefühl der Erleichterung macht sich breit, gleichzeitig aber auch die Gefahr von Unsicherheit darüber, was nun noch alles akzeptabel sein könnte und wie sich das Gemeinschaftsleben verändern mag.
Der Mensch ist ein Wesen, das nach Verbindung strebt – sei es mit Gott, mit sich selbst oder mit anderen oder einer Organisation. Vielleicht sind diese Zugeständnisse ein kleiner Schritt auf dem Weg eines selbstständigen und verantwortungsvollen Handelns ohne Vorgaben einer Organisation oder des "treuer und verständiger Sklave"-Oberkomitees.
In seiner Darlegung hebt Lett als Quintessenz hervor, dass Hoffnung und Zusammenhalt im Mittelpunkt stehen. Doch trotz der optimistischen Rhetorik bleibt ein fader Nachgeschmack. Die Erfahrungen, die Jehovas Zeugen in der Vergangenheit machten, werfen einen Schatten auf diese Botschaft. Zweifel nagen an der Überzeugungskraft der Aussagen, denn die Realitäten der Vergangenheit lassen sich nicht so leicht beiseitewischen.
Wer nun aber glaubt, die Änderungen des Sklaven dienen dazu, dem Einzelnen mehr Freiheiten zu ermöglichen, irrt sich gewaltig. Es geht für "den Sklaven" vielmehr darum, die zur Verfügung stehende Zeit sinnvoller zu nutzen, anstatt sich damit zu beschäftigen, welche Bräuche gemieden werden sollten. Der Fokus liegt immer noch auf Aktivität und "harter Arbeit" für die Organisation.
Dies ist Herrn Letts Botschaft. Sein Fazit klingt hoffnungsvoll, doch wie gesagt: Die Realitäten der Vergangenheit der Zeugen Jehovas lassen Zweifel aufkommen.

Jacky
Perfekt beschrieben:
https://youtu.be/yD1BmDwt1nY?si=0vZemwjezaoip2wn
Die Sache ist so zu erklären
Zeugen Jehovas oder besser gesagt Jw Org hat in den Europäischen Ländern das grosse Problem ,das sehr viele Brüder und Schwestern aus der Glaubensgemeinschaft weg gegangen oder ausgeschlossen wurden
Neue Menschen kommen kaum noch dazu
Schuld an dieser Misere ist immer noch die zum größten Teil Menschenrechtsverletzenden Kriterien und ich betone hier auch als ehemaliger Jurist kriminelle
Art und Weise wie Dinge umgesetzt wurden
Angefangen mit den internen Rechtssitzungen bei Verfehlungen und Ausschluessen
Hobby Juristen mit keinerlei Bildung und Erfahrungen in Hinsicht auf Gesetzesrecht und Konfliktsituationen wenn gesetzliches Recht und Religionsrecht aufeinander trifft
Die haben zum größten Teil nach Gutdünken geurteilt,wobei dann noch mit in ein Urteil mit hineingeflossen ist wenn ihnen jemand unsympathisch…
Als Ergänzung zum Artikel das hier:
Neues Licht - Zeugen Jehovas dürfen sich zuprosten!
Die Zeugen Jehovas, vertreten durch ihre Dachorganisation JW ORG sind ja bekanntlich die einzige "Religionsorganisation", die sich nicht bemüht, sich am Urchristentum, wie es im Neuen Testament überliefert ist, auszurichten - Nein, JW ORG ist die einzige "Religionsorganisation" die die Heilige Schrift an ihre Irrlehren angepasst hat und die werden nie erwachsen werden.
Sorry, die falsche Taste erwischt 😔.
Ein Armutszeugnis für die "Führungsriege" , dieser Lagebericht. Zeigt er doch, was sie bisher ihren Befehlsempfängern an Scheuklappen aufgezwungen haben.
Plötzlich sollen Erwachsene und Heranwachsende selber denken. Was da wohl dabei rauskommt?
Es wird spannend.