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Hat die leitende Körperschaft der Zeugen Jehovas ihre Haltung zur Hochschulbildung aufgeweicht?

Aktualisiert: 6. Sept.

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Jehovas Zeugen haben sich schon immer durch bestimmte Glaubensüberzeugungen und Praktiken von anderen Religionsorganisationen unterschieden. Ein zentrales Merkmal ihrer Lehre ist die Betonung der Hingabe an den "Dienst für Jehova Gott". Diese Überzeugung hatte auch Einfluss auf ihre Haltung zur höheren Bildung wohlgemerkt: Hatte.

 

Ihre Einstellung zu höherer Bildung war in der Vergangenheit verbunden mit Skepsis gegenüber institutioneller Bildung und deren Werten. Doch diese Einstellung hat sich nun für viele anscheinend grundlegend geändert. Diejenigen, die vermuten, Jehova habe die leitende Körperschaft nun zur Einsicht bewegt, muss ich enttäuschen.

 

Wie schon immer erfolgen solche "plötzlichen Veränderungen" nur auf Druck durch staatliche Gesetze, in diesem Fall durch das neue Kindesmissbrauchsgesetz Japans (gültig ab Oktober 2025). Dies könnte für Jehovas Zeugen noch weitere "plötzliche Veränderungen" zur Folge haben.

 

Das ist der Grund für dieses "neue Licht". Aber es gibt auch interne Gründe. Es ist zu beobachten, dass in den letzten Jahren eine wachsende Zahl von Gemeinschaftsmitgliedern sich für Weiterbildung und spezifische Berufsausbildungen interessiert haben mit der Begründung, dies als "nützlich für die religiöse Tätigkeit" anzusehen. Tatsächlich haben einige Zeugen Jehovas eine höhere Bildung erlangt und nutzen ihre so erlangten Qualifikationen, um positive Beiträge in und für die Organisation zu leisten, ohne ihre Glaubensüberzeugungen aufzugeben.

 

Doch tatsächlich geriet in der Vergangenheit die Mehrheit der Zeugen in Konflikt mit ihren religiösen Überzeugungen, wenn sie sich für eine akademische Bildung entschieden. Besonders Themen wie Evolution, Moral und soziale Werte sah die Leitung als Gefahr für den Glauben an. Deshalb förderte sie eine Sichtweise, die den Fokus auf organisatorische Tätigkeiten legte, die das "geistige Wachstum" und die "Verkündigung des Glaubens" fördern sollten, was dazu führte, dass höhere Bildungswege als weniger wichtig oder sogar als teuflisch angesehen wurden. Als Beispiel hier ein Ausschnitt aus einer Kongressansprache, die Gerrit Lösch, Mitglied der leitenden Körperschaft, 2005 auf einem Kongress in Italien hielt und in welcher er die offizielle Meinung der Organisation zu einer Hochschulausbildung vertrat. Hier eine Zusammenfassung seiner Ansprache:


 

Übersetzung Lösch:

 

"Eine Hochschule zu besuchen oder nicht, kann ein Ausdruck deines Glaubens sein oder ein Mangel deines Vertrauens- und "großen Kummer im Herzen" hervorbringen. Denke daran, die "verbleibende Zeit ist kurz". Wenn du deshalb gegenwärtig zur Hochschule gehst, warum denkst du nicht im Gebet eventuell darüber nach, das Studium aufzugeben und etwas Besseres zu machen?

 

Es lohnt sich nicht eine weltliche Karriere an die erste Stelle zu setzen. Wir könnten uns mit jemandem vergleichen, der ein Gebäude sieht an dem steht "Diese Firma hat geschlossen“. Würdest du dich dort um einen Job bewerben? Es bleibt jedoch deine persönliche Entscheidung, aber du weißt, alle Einrichtungen dieser Welt werden in Kürze liquidiert, denn das Ende ist nahe!"

 

Ähnlich äußerte sich auch Anthony Morris, als er noch zur leitenden Körperschaf gehörte Zitat:

 

"Denk mal darüber nach. Nach Armageddon werden wir keine Ärzte oder Anwälte mehr brauchen. Wenn wir das glauben, werden wir eine höhere Bildung ablehnen. Ich sage schon lange, je besser die Universität, desto größer die Gefahr. Ob man sich weiterbildet oder nicht, ist jedoch deine persönliche Entscheidung."

 

Ärzte oder Anwälte brauchen wir demnach nicht mehr, so die Quintessenz seiner Ansprache. Alles, was Menschen sich wünschen wird auf später, ins Paradies oder in "die neue Ordnung" verschoben.

 

David Splane äußert sich in seinen Überlegungen jedoch auch besorgt über den Einfluss weltlicher Ideologien auf den Glauben. Die Bedenken, die er hegt, spiegeln eine weit verbreitete Sorge in der Leitung der Zeugen Jehovas wider: Das Risiko, dass der Kontakt zu anderen Denk- und Lebensweisen während eines Studiums dazu führen könnte, den eigenen Glauben zu hinterfragen oder sogar in Frage zu stellen.

 

Die leitende Körperschaft scheint diesen Aspekt nun jedoch anders zu bewerten. Es könnte den Anschein haben, dass sie dieses Problem als weniger bedeutsam einstuft als in der Vergangenheit. Dennoch gibt es Hinweise darauf, dass sie den Einfluss äußerer Ideologien nicht vollständig ignorieren möchte. Das Konzept, dass eine fundierte Ausbildung auch dazu beitragen kann, den Glauben zu festigen, indem man lernt, mit unterschiedlichen Ansichten umzugehen, wird weiterhin in Frage gestellt. Auch David Splane betont in seiner Rede diese "Gefahren". Dies könnte darauf hindeuten, dass die Körperschaft tatsächlich besorgt ist, weil sie kein Vertrauen in die Stärke des persönlichen Glaubens eines Zeugen Jehovas hat. Letztendlich verbleibt die Frage, wie Mitglieder der Gemeinschaft mit diesen potenziellen Herausforderungen umgehen und ob sie in der Lage sind, ihren Glauben zu bewahren, während sie sich mit "der Welt" außerhalb ihrer Gemeinschaft auseinandersetzen.

 

Wenn wir David Splane zuhören und seinen Gesichtsausdruck beobachten, während er die "neue Sichtweise" bezüglich Bildung und Berufswahl mitteilt, erkennen wir, dass er nicht gerade überzeugt und begeistert zu sein scheint. Was wirklich "neu" sein soll, ist seine Aussage, dass weiterführende Bildung eine persönliche Angelegenheit ist. Das ist aber nicht neu, denn schon die Herren Lösch und Morris erwähnten, wenn auch nur am Rande, dass die Frage der "höheren Bildung" eine persönliche Entscheidung jedes Einzelnen sei.

 

Splane fragt weiter: "Sind weltliche Bildung und Ausbildungsmöglichkeiten überhaupt etwas für Christen?" Schon diese Frage lässt aufhorchen, da die Antwort doch klar zu sein scheint: Nein! 


Zunächst einmal bleibt alles wie gehabt, denn "der beste Lebensweg" ist und bleibt gemäß der Organisation selbstverständlich der "Vollzeitdienst". Aber in einigen Ländern reiche die grundlegende Schulbildung nicht mehr aus, um sich als Vollzeitdiener zu versorgen. Wirklich? Deshalb müssten so David Splane zusätzliche Bildungs-  oder Ausbildungsmöglichkeiten wahrgenommen werden, um einen vernünftigen Job mit vernünftigen Arbeitszeiten und vernünftiger Bezahlung zu bekommen.

 

War das nicht schon immer so? Diese und die nachfolgenden Begründungen erscheinen mir doch eher vorgeschoben. Will man jetzt junge Mitglieder der Zeugen ermutigen, berufliche Wege zu wählen, die auf eine direkte und qualifizierte Mitarbeit in der Organisation abzielen? Trotz der Probleme, die höhere Bildung mit sich bringen, haben einige Jehovas Zeugen erfolgreich eine höhere Bildung abgeschlossen und damit positive Beiträge in der Organisation geleistet.

 

Die Quintessenz der Splane-Ansprache:


Bisher hieß es, jeder Erwachsene müsse für sich selbst entscheiden, ob für ihn irgendeine Art zusätzlicher Bildung in Frage kommt oder nicht.


Mit diesem Update möchte die WTG nun ihr "neues Verständnis" klarstellen. Es gebe zwar Gefahren, die mit bestimmten Formen der Bildung verbunden seien, aber jeder Erwachsene müsse in dieser Frage für sich selbst entscheiden. Was ist daran NEU?

Nichts ist neu. Die leitende Körperschaft gibt im Grunde ihre bisherige kritische Haltung zur höheren Bildung offiziell nicht auf. Es ist keine wirkliche Öffnung, sondern nur ein strategisches Manöver.

 

Die Schlussgedanken Herrn Splanes belegen diese Vermutung: "Stelle in deinem Leben sicher, dass deine 'guten Gewohnheiten' nicht gefährdet werden", so seine Schlussworte, und er zitiert den bekannten Text aus 1. Korinther. 15:58: "Bleibt immer reichlich beschäftigt im Werk des Herrn, denn ihr wisst ja, dass Eure harte Arbeit nicht vergeblich ist."

 

Einem Zeugen Jehovas wird es schwer gemacht, innerlich frei und ohne Druck einem akademischen Studium nachzugehen. Das macht Herr Splane zum Schluss noch einmal deutlich.

 

"Besuch der Zusammenkünfte", "Predigtdienst" und "persönliches Studium" dürfen nicht leiden. Betrachte dich in erster Linie als "Diener Jehovas", nicht als Auszubildender oder Student. Wenn du feststellt, dass dies nicht geht, dann solltest du das Studium abbrechen. Doch wie üblich gibt er diese Anweisung nur indirekt durch eine angebliche Aussage einer Schwester Zitat: "Wenn meine Ausbildung mit meinem Dienst für Jehova kollidiert, würde ich das Studium abbrechen."


Wie zu Anfang erklärt, hat die leitende Körperschaft der Zeugen Jehovas ihre Haltung zur Hochschulbildung aufgeweicht, weil sie weiß, dass die japanische Regierung sie beobachtet, wenn sie weiterhin gegen höhere Bildung redet. Die Organisation würde u. U. gegen sie gerichtete rechtliche Schritte riskieren, sollte ein Ältester wie bisher Druck auf einen jungen Zeugen Jehovas in der Frage der höheren Bildung ausüben. Aber auch Zeugen Jehovas-Eltern werden aufgefordert, die "persönlichen Entscheidungen ihrer Kinder" in dieser Frage wirklich ernst zu nehmen.

6 Kommentare


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Einst "neues Licht" wird jetzt auf einem Mal zu altem Licht.


Die in der Offenbarung erwähnten "Hagelsteine" haben nun nichts mehr mit einer harten Botschaft, verkündet durch die ZJ kurz vor Harmagedon, zu tun.


https://www.youtube.com/watch?v=Elh48tY8WkQ

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08. Sept.
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M.N.
06. Sept.

Betreffs dieses völlig gehaltlosen "Updates" der obersten WTG-Konzernführung gilt:


Es kreißte der Berg und gebar ein Mäuslein. Außer Spesen nix gewesen. Was tun sie, wenn sie NIX tun? Viel Dampf und nichts dahinter. Viel Lärm um nichts. Wie seit Jahrzehnten, WARNEN sie von den "Gefaaaahren der pöööhsen höheren Bildung", "sich BLOOOOSS nicht von WTG-interessendienlichen Aktivismen ablenken lassen, AUF GAR KEINEN FALL die WTG und ihre Konzerninteressen vernachlässigen" ... der selbe alte 💩, 1000mal gehört, 1000mal ist nix passiert ..... gääääähn 🥱🥱🥱 schnaaarch 😴🛌💤. DAS hätten sie sich sparen können - ist nur eine Mogelpackung.

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Antwort an

"..ist nur eine Mogelpackung."


Genau.

Wischiwaschi aufgrund des Druckes "weltlicher" Institutionen.

Die Praxis bleibt dieselbe.


Allerdings sind Mitglieder, die aufgrund entsprechender Bildung höhere Einkommen aufweisen, herzlich willkommen, solange sie genug spenden.

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