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Der Begriff „Loyalität“ scheint im Glaubensleben eines Zeugen Jehovas eine wichtige Rolle zu spielen. Gibt man auf jw.org den Begriff „Loyalität“ ein, wird man hunderte von Artikeln finden, die sich mit diesem Begriff befassen.
Tatsächlich fordert die leitende Körperschaft unermüdlich „Loyalität für Jehova und seine Organisation“ ein, obwohl der Begriff in der Bibel selbst nie direkt verwendet wird, ausgenommen in der hauseigenen Neuen-Welt-Übersetzung. Die NW-Übersetzung gibt verschiedene Worte einfach mit dem Begriff „loyal“ wieder, obwohl er im Grundtext nicht vorkommt.
Hier einige Beispiele:
Offenbarung 15:4 gemäß Luther: „Wer sollte dich, Herr, nicht fürchten und deinen Namen nicht preisen? Denn du allein bist heilig! Ja, alle Völker werden kommen und anbeten vor dir, denn deine Urteile sind offenbar geworden.
Die NWÜ übersetzt: „Wer wird dich nicht wirklich fürchten, Jehova, und deinen Namen verherrlichen denn du allein bist loyal? Denn alle Nationen werden kommen und vor dir anbeten, weil deine gerechten Verordnungen offenbar gemacht worden sind.“
Die NWÜ übersetz „heilig“ einfach mit „loyal“ ein, obwohl diese beiden Wörter keinen gemeinsamen Ursprungssinn haben.
Psalm 18 :26 – Luther: „Gegen den Treuen verhältst du dich treu, gegen den untadeligen Mann untadelig.“
NWÜ: „Mit einem Loyal gesinnten wirst du loyal handeln; Mit dem untadeligen kräftigen Mann wirst du untadelig verfahren.
Hier übersetzt man „treu“ mit „loyal“, obwohl Treue mit Loyalität wenig zu tun hat.
Loyal ist jemand, wenn er im Interesse eines gemeinsamen Ziels die Werte und Ideologie und auch Lehren des Anderen teilt und vertritt, auch dann, wenn man diese nicht vollumfänglich teilt, solange dies der Bewahrung des gemeinsam vertretenen höheren Ziels und dem Frieden der Gemeinschaft dient.
Treue kommt vom mittelhochdeutschen triuwe, „fest sein, sicher sein, vertrauen, hoffen, glauben, wagen“. Es handelt sich um eine Tugend, welche die Verlässlichkeit eines Akteurs gegenüber einem anderen oder einem Kollektiv ausdrückt. Treue hat mit Vertrauen zu tun und ist lebenswichtig für die Gesellschaft im Sinne von Verbindlichkeit und Verlässlichkeit. Vertrauen ergibt sich aus Erfahrung, die es Menschen erlaubt, sich auf Unsicherheit und Ungewissheit einzulassen.
Treue und Loyalität sind also nicht dasselbe.
Loyalität (von loyauté, „Anständigkeit“, aus der Wurzel des lateinischen Wortes Lex = „Gesetz, Vorschrift, Gebot, Vertrag“) bezeichnet in Abgrenzung zur Treue, Unterwerfung oder Gehorsam, basierend auf einer von Vernunft geleiteten Gruppe, Gemeinschaft oder Organisation. Welchen Grund mag eine christliche Organisation haben, den Begriff „Loyalität“ in ihrer Bibel einzubringen, außer ihre gläubigen Anhänger zu unterwerfen?
Ein loyaler, unterwürfiger Mensch lässt sich leichter lenken und führen. Hunde gelten z. B. als die treuesten Haustiere; ein Hund wird seine Loyalität nie aufgeben, auch wenn du ihn schlecht behandelst. Selbst wenn jemand anderes kommt, um ihm mehr Zuneigung zu geben – er wird loyal bei seinem „Besitzer“ bleiben. Menschen sprechen in diesem Zusammenhang gern von Treue.
Treue unterscheidet sich von Loyalität dadurch, dass sie eine moralische Verpflichtung ist. Sie ist eine Entscheidung, bei der es darum geht, eine Verpflichtung einzugehen, die mit deinem Gewissen zu tun hat. Das ist bei Loyalität nicht der Fall; hier gibt es keine moralische Verpflichtung, sondern die Bereitschaft, auch dann für die andere Person da zu sein, wenn sie es vielleicht nicht verdient.
Loyalität ist für die WTG zu einem Dogma, einer Worthülse, einem Synonym für „Treue“ geworden. „Loyal zu Jehova halten“ bedeutet für einen Zeugen, „treu zur „Organisation“ zu stehen, egal was kommt, denn Gott hat immer recht, und damit auch seine Organisation.
Gemäß dem „Wachtturm“ vom 1.12.1990 S. 19 Abs. 13 fordert die WTG von „Jehovas Zeugen“, Zitat:
"... dem „treuen und verständigen Sklaven” gegenüber loyal [zu] sein"… Wir haben die Gelegenheit, unseren Brüdern, die in der Versammlung oder in Verbindung mit Jehovas weltweiter sichtbarer Organisation die Führung übernehmen, Liebe zu erweisen. Dazu zählt, den „treuen und verständigen Sklaven“ loyal zu unterstützen."
Und hier noch ein Zitat aus dem „Wachtturm“ vom November „Studienartikel“ Nr. 3, S. 14 Abs. 9:
"Fragen wir uns: Stehe ich loyal zu dem treuen Sklaven den Jesus heute als Mitteilungskanal gebraucht?"
Ähnlich im „Wachtturm“ vom 15.11.1995 auf S. 20 Abs. 8 heißt es:
"Alle Jehova hingegebenen Zeugen Jehovas müssen Jehova UND SEINER ORGANISATION GEGENÜBER LOYAL und unterwürfig sein. Wir sollten nicht einmal erwägen, uns von Gottes wunderbarem Licht abzuwenden und einen Lauf der Abtrünnigkeit einzuschlagen, der schon jetzt den geistigen Tod nach sich zieht und schließlich in die Vernichtung führt (Jeremia 17:13)."
Doch was sollte man tun, wenn es einem schwerfällt, bestimmte biblische Gedanken, die der „treue Sklave“ uns darlegt, voll und ganz anzunehmen? In diesem Fall sollten wir gemäß dem Wachtturm uns demütig in den Sinn zurückrufen, wo wir die Wahrheit kennengelernt haben, sowie um Weisheit beten, diese Prüfung durchzustehen, bis die Angelegenheit klargestellt wird (Jak. 1:5-8).
Wer sich also nicht bedingungslos an die angeblich von Gott inspirierten, auf weiten Strecken jedoch hochgradig fehlbaren und oftmals schädlichen WTG-Direktiven hält, ist geistig tot und der „Vernichtung“ geweiht.
Doch haben Jehovas Zeuge Gründe, dieser Organisation loyal ergeben zu sein? Ein Blick zurück in die unmittelbare Vergangenheit zeigt, dass es eher Gründe gibt, der Organisation und ihren Vorhersagen für das Ende dieses Systems nicht weiter zu vertrauen.
Schon der Mitbegründer der Wachtturm-Gesellschaft, Charles Taze Russell (1852-1916) glaubte, den Zeitplan Gottes für den Beginn seines Königsreiches per Bibelstudium entschlüsselt zu haben – mit schwer nachvollziehbaren Berechnungen. Am Ende seiner Bibelforschung beschwor er das Jahr 1914 als Untergangstermin für dieses System und den Beginn der Herrschaft Christi, nachdem sich im Vorfeld andere Termine als Luftnummern erwiesen.
Aber auch das Jahr 1914 erwies sich nicht als das, was man erwartete. Und so legte man die Wiederkunft Christi und den Beginn seiner Herrschaft in den unsichtbaren Bereich. Dennoch wurde seitdem der Kampf Jesu gegen die Weltmächte und dem Ende ihres Systems nicht nur verbal, sondern auch bildlich und visuell mit stets grausamen Bildern beschrieben: Feuersbrunst am Himmel, einstürzende Hochhäuser, flüchtende Menschen ... Obwohl Jesus davon sprach, dass seine Wiederkunft von aller Welt gesehen werden würde, reduziert die WTG die Wiederkunft Christi lediglich auf die Schlacht Gottes, die dann jeder sehen und erfahren würde. Seitdem halten Jehovas Zeugen gespannt Ausschau nach diesen Tag und Datum. Und dann war es so weit, ein Datum stand im Raum. In freudiger Erwartung ließen sich Zehntausende Zeugen Jehovas in der Hoffnung taufen, dass nach jüngsten Berechnungen 6000 Jahre Menschheitsgeschichte enden und damit das „Ende dieses Systems der Dinge“ 1975 eintreffen würde. Danach sollte das Paradies anbrechen. Doch auch diesmal wurden sie enttäuscht.
Fortan verzichtete die Organisation auf die Ankündigung konkreter Termine.
Vielmehr versucht man den Zeitdruck mit fragwürdigen Bibelauslegungen wie die „Überlappende Generations“-Lehre aufrecht zu erhalten. Wir möchten hier jedoch nicht auf die einzelnen fragwürdigen Zeitberechnungen eingehen. Vielmehr geht es uns um die Frage, warum die Wachtturmorganisation angesichts ihrer falschen Vorhersagen die Stirn hat, Vertrauen und Loyalität der Zeugen einzufordern. Den Unterschied zwischen Vertrauen und Loyalität hatten wir eingangs ja schon besprochen. Dennoch lasst uns noch einmal etwas näher den Begriff „Loyalität“ betrachten.
Auf deiner Suche nach „der Wahrheit“ kann es dir passieren, dass du dich mit einer Person oder Gruppe von Jehovas Zeugen verbunden fühlst; denke aber immer daran: Sie sind geschult, dir „ihre Wahrheit“ als die einzig richtige zu vermitteln. Dabei können sogar Freundschaften unter Jehovas Zeugen entstehen, denn Jehovas Zeugen sind in der Regel angenehme Zeitgenossen.
Freunden gegenüber ist man loyal und unterstützt sie, indem man für sie einsteht – egal, ob man ihre Ansichten teilt oder nicht. Als Synonyme für Loyalität werden daher oft Begriffe wie Aufrichtigkeit, Beständigkeit, Treue und Solidarität verwendet. Die Bedeutung zwischen den Begriffen Loyalität und Solidarität ist zwar fließend, trotzdem solltest du sie unterscheiden können. Denn wenn es um Loyalität gegenüber einer Organisation geht, solltest du vorsichtig sein. In diesem Fall bedeutet Loyalität, eine Organisation beim Erreichen ihrer Ziele zu unterstützen; doch ob diese Ziele immer edel sind, sollte hinterfragt werden, denn die Organisation erwartet, dass du deine eigenen Interessen für sie zurückstellst. Das trifft besonders auf religiöse Gruppen wie Jehovas Zeugen zu, da sie dir suggerieren, die Interessen Gottes zu verfolgen.
Doch Loyalität beruht immer auf Gegenseitigkeit. Eine loyale Person erwartet auch von der Gruppe oder Organisation, die Loyalität einfordert, vor allem in Krisen und emotional belastenden Situationen, dass sie loyal zu dir steht, sonst entsteht das Gefühl, betrogen und verraten worden zu sein.
Tatsächlich sieht es mit der gegenseitigen Loyalität seitens der Organisation schlecht aus. Wenn du enttäuscht und wütend reagierst, weil du dich auf Grund falscher Vorhersagen und Erwartungen belogen und betrogen fühlst und an der Ehrlichkeit der Organisation zweifelst und diese Zweifel auch äußerst und belegst, ist es mit der Loyalität der Organisation dir gegenüber vorbei.
Deshalb solltest du nicht naiv und unreflektiert einer Person oder Organisation gutgläubig vertrauen. Du kannst dann sehr schnell und leicht ausgenutzt und ausgebeutet werden. Außerdem solltest du dein Selbstwertgefühl nicht davon abhängig machen, ob du die Erwartungen einer Organisation, die sich als von Gott eingesetzt sieht, erfüllst. Ein gesundes Maß an Misstrauen und Reflexion ist also wichtig.
Loyale Bürger eines Staates halten sich an die Gesetze und Regeln eines Landes, sonst kommt es zu Konflikten. In der Vergangenheit wurde der Begriff der Loyalität gegenüber dem Staat aber auch schon fehlinterpretiert und durch bedingungslosen Gehorsam und Selbstaufgabe ersetzt, was man allgemein als die sogenannte „Nibelungentreue“ bezeichnet. Die Bürger eines Staates reflektieren hier das Verhalten des Staates nicht mehr, sondern folgen ihm blind. Ähnlich hat auch die Wachtturmorganisation in ihrer Vergangenheit den Begriff der Loyalität fehlinterpretiert und durch bedingungslosen Gehorsam und Selbstaufgabe ersetzt.
Schon die christliche Taufe wird als Hingabe an Gott und seine Organisation interpretiert und benutzt. Zitat aus dem Erwachet, 8. Januar 1958 S. 457-458:
"Was bedeutet es, sich Gott hinzugeben? Ist dieser Schritt als etwas Törichtes oder etwas, das von unpraktischem Werte anzusehen? Und wäre ein Zögern, ihn zu tun, weise? Ja, warum sollten wir uns überhaupt Jehova Gott hingeben?
Hingabe bedeutet „völliges Aufgehen in einer Pflicht oder Neigung, Opferfreudigkeit bis zur Selbstaufgabe“ „etwas ausschließlich dem Dienste oder der Verehrung eines göttlichen Wesens oder zum Zwecke der heiligen Verwendung zu übergeben, es formell oder ernstlich für einen bestimmten Gebrauch, einen bestimmten Zweck oder Dienst abzusondern."
Weiter wird auf das Beispiel Jesu Christi verwiesen, der sagte: „Siehe! Ich bin gekommen, um den Willen meines Vaters zu tun“. Wenn wir uns ernsthaft mit Jesus Christus und dem Willen seines Vaters ihn betreffend befassen, werden wir sehr schnell erkennen, dass dies ein unpassender Vergleich ist.
"Da Jehova Gott der höchste Souverän ist, kann er mit Recht sagen: „Ich, Jehova, bin ein Gott, der ausschließliche Ergebenheit fordert.“ 2. Mose 20:5, NW.
Da Gott der Höchste ist, könnte er auf seine vernunftbegabten Geschöpfe ohne weiteres Druck ausüben und sie zwingen, ihm zu dienen. Aber er will, dass seine Geschöpfe produktiv sind und Liebe an den Tag legen, also dass wir uns Gott hingeben, dass wir ihm, unserem Souverän und Schöpfer, ausschließliche Ergebenheit darbringen."
Bedenken wir, dass dieser Artikel aus dem Jahre 1958 stammt. Auch damals wurde schon mit Nachdruck gesagt, wir müssten „unser Hingabegelübde erfüllen“, da wir uns „im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ taufen ließen. Heute wird mit den Tauffragen noch offensiver der Gedanke vermittelt, das es um eine Hingabe an eine Organisation geht.
Bei der zweiten neuen Tauffragen geht es offensichtlich um eine Hingabe an eine Organisation, Zitat:
"Bist du dir darüber im klaren, dass du dich durch deine Hingabe und Taufe als ein Zeuge Jehovas zu erkennen gibst, der mit der Organisation Jehovas verbunden ist?"
Wann immer der Sklave daher von dir „Loyalität gegenüber Jehova“ einfordert, dann geht es um Loyalität gegenüber der Wachtturm-Organisation, selbst wenn die Organisation mit ihren Lehren und Vorhersagen falsch liegt.
Loyal sollte man ausschliesslich einzig und allein unseren Vater und Gott sein, der durch seinen Sohn uns den richtigen Weg gezeigt hat. Keine Organisation oder Kirche! Denn dann ist man gefangen in deren Doktrinen.
Und ich hörte eine andere Stimme aus dem Himmel sagen: Geht aus ihr hinaus, mein Volk, damit ihr nicht an ihren Sünden teilhabt und damit ihr nicht von ihren Plagen empfangt! Offenbarung 18:4
LG Hiskia
"Denn Jehovas Zeugen sind in der Regel angenehme Zeitgenossen."...
Diesen Satz im ansonsten zustimmenswerten Artikel kann ich so nicht bestätigen.
Der Anteil an angenehmen Zeitgenossen ist nicht grösser als in der Allgemeinbevölkerung.
Und ihre Lehre zum Umgang mit "nicht loyalen" Mitgliedern ermöglichen es ihnen viel mehr
als im allgemeinen sozialen Zusammenleben, zu intrigieren, zu denunzieren, zu manipulieren und
anderen zu schaden.
Wer als Mitglied dieses Vereins ins Visier dessen "Gerichtsbarkeit" gelangt, wird schnell erleben,
wie schnell sich seine "Freunde" in Luft auflösen.
Und selbst den hinterlistigsten Neidern unter Deinen "Brüdern und Schwestern" gelingt es, Dich
mit beliebigen Schlagworten der Sektenführung ("schlechte Gesellschaft") in Misskredit zu bringen.
Vielen Dank lieber Bruder, das war mal wieder ein Artikel, der Ex- und Noch-Zeugen Jehovas weiterhelfen kann.
Mit der Loyalität gehen die WT-Bibelverfälscher um, wie die Nacktschnecken in unserem Garten mit Kraut und Salat:
In der NWÜ gab es, als weiteres Beispiel zu deinen Ausführungen, rund 240 mal den Ausdruck "liebende(r) Güte". In der revidierten WT-Übersetzung kann man das noch 5 mal in den Fußnoten der Bibelbücher lesen. Jetzt heißt es "loyale Liebe".
Da passt wieder deine Erklärung, warum diese Irrlehrer das Wort Loyalität für sich beanspruchen.
Als geschichtliches Beispiel diene:
Konrad Franke (Zweigdiener) im Jahre 1968 auf einem Kongress der Zeugen Jehovas mit vollmundigen Behauptungen über das Jahr 1975 und dass die Wachtturm-Gesellschaft diesbezüglich "nicht den geringsten Zweifel hat", Vorbehalte seien nicht angebracht -- auch nach der Blamage 1925 nicht.
Franke: Die Gesellschaft "hat [hinsichtlich 1975] nie gesagt: 'Es könnte sein.' Die Geschichte soll die Antwort geben". Es gäbe eine "Unmenge Beweise" für die Richtigkeit, was der "treue und verständige Sklave" über 1975 sage.
-- Tatsache ist, dass die Geschichte das pure Gegenteil als Antwort gegeben hat: 1975 verstrich und nichts passierte!
https://www.youtube.com/watch?v=P8_Kjvqu0Is