LINK zum Video: https://youtu.be/xML9BoBhAE0
Im aktuellen Lagebericht der Leitenden Körperschaft Nr. 5 von 2024 sprach Geoffrey Jackson von der leitenden Körperschaft der Zeugen Jehovas (Original-Video HIER)
über die Notwendigkeit, sich in diesen kritischen Tagen auf Gottes Reich zu konzentrieren. Sicherlich ein guter Rat. Doch worum geht es der Leitenden Körperschaft wirklich? Nun, Geoffrey Jackson kommt gleich auf den Punkt, wenn er ausführt: „Dies wird uns helfen in politischen Dingen neutral zu bleiben.“ Ja, Neutralität in politischen Angelegenheiten und Loyalität ist für die Führung der Zeugen ein wichtiges und immer aktuelles Thema.
Fragt man Zeugen Jehovas, warum sie nicht wählen gehen, antworten sie: „Ich habe schon Gottes Königreich gewählt.“ Für sie ist die Beteiligung an politischen Wahlen eine Verletzung der Neutralität und des Vertrauens gegenüber Gottes Königreich. Wie kommen sie zu dieser Einschätzung?
Mit dieser Einstellung gerieten Jehovas Zeugen bezüglich ihres Anerkennungsverfahren zur KdöR, für das die Religionsgemeinschaft jahrelang kämpfte, in Schwierigkeiten. Der Berliner Senat lehnte eine Verleihung der Körperschaftsrechte wegen ihrer Wahlverweigerung und damit wegen fehlender Loyalität gegenüber dem demokratischen Staat ab und sprach von fehlender „Staatsloyalität“. Die Religionsgemeinschaft zog dann nach dem Berliner Urteil vor das Bundesverfassungsgericht. Ohne jetzt näher auf dieses Thema einzugehen: Ihre Klage war erfolgreich und sie erhielten ihre Körperschaftsrechte.
Bezüglich des Vorwurfs der Wahlenthaltung erfolgte eine interessante Argumentation. Zeugen Jehovas müssen zwar intern mit einem Ausschluss rechnen, wenn sie sich an der Wahl beteiligen; jedoch heißt es offiziell, Nichtbeteiligung an politischen Wahlen sei kein Zwang, sondern „eine Entscheidung, die vorverlagert schon zum Zeitpunkt der Taufe getroffen wurde“. Wenn man dieser Argumentation folgt, sind alle Entscheidungen, die man als Zeuge Jehovas trifft, auf den Zeitpunkt der Taufe „vorverlagert“.
Doch verlassen wir diesen Rechtsstreit um Paragraphen, und konzentrieren uns vielmehr auf die biblisch/religiöse Argumentation.
Ist eine Wahlbeteiligung tatsächlich ein Vertrauensbruch gegenüber dem Königreich Gottes?
In seinem Vortrag verweist Jackson auf das Kongressprogramm 2024 und erinnert daran, dass gemäß der guten Botschaft Jesus und sein Königreich alle Probleme lösen würden. Natürlich warten Christen auf die Erfüllung der Verheißungen Gottes bezüglich der Herrschaft Christi.
Die grundsätzliche Frage des Verhältnisses eines Christen und der christlichen Gemeinde zum Staat war zur Zeit Jesu und ist auch heute noch aktuell und verlangt nach einer Antwort. In welcher Beziehung steht der Christ als Bürger des Königreiches Gottes zu heutigen politischen Staaten und ihren Herrschern? Gibt es eine Verbindung zwischen Heil und Wohl, zwischen ewigem Leben im zukünftigen Königreich Gottes und unserem begrenzten jetzigen Leben? Welche Beziehung hat das Reich Gottes zu den Reichen der Welt? Dürfen und sollen sich Christen politisch engagieren?
Im neuen Ältestenbuch (S. 151 Pkt. 4) finden sich deutliche Anweisungen bezüglich der Verletzung christlicher Neutralität, Zitat:
„Schließt sich jemand einer nicht neutralen Organisation an, hat er die Gemeinschaft verlassen. Ist jemand durch seine Erwerbstätigkeit eng mit Tätigkeiten verbunden, die die Neutralität verletzen, räumt man ihm gewöhnlich sechs Monate ein, um dies zu ändern. Nimmt er keine Änderung vor, hat er die Gemeinschaft verlassen. Sich neutral zu verhalten bedeutet, in politischen Angelegenheiten für keine Seite Stellung zu beziehen (Johannes 17:16). Als Christen unterstützen wir Jehovas Königreich und halten uns wie Jesus aus der Politik heraus“.
Die Botschaft ist deutlich. Zeugen Jehovas dürfen wählen gehen, solange sie mit ihrer Stimme nicht ein politisches System unterstützen, ansonsten droht Ausschluss.
Mit dieser radikalen Verneinung eines politischen Engagements in der Jetztzeit und der einseitigen Betonung der Jenseitigkeit wird die christliche Botschaft für die praktischen Bezüge des irdischen Lebens bedeutungslos.
Da Christen keinen Einfluss auf das politische Geschehen nehmen, besteht die Gefahr, dass nichtchristliche oder antichristliche Ideologien eine gesellschaftlich beherrschende Position einnehmen. Besonders in westlich geprägten demokratischen Staaten wie den USA, aber auch in Deutschland beobachtet man zur Zeit politische Entwicklungen, die zu einer Auflösung christlicher Werte führen.
Betreffs des von Jesus in der Bergpredigt gebrauchten Bildes „Ihr seid das Salz der Erde“ negieren passive Christen, wenn es um christliche Werte geht, dessen Bedeutung. Statt Ungerechtigkeit aufzuhalten, zieht man sich zurück in die warme Stube der individuellen Frömmigkeit und wartet geduldig auf das Reich Christi.
Doch mit dieser Einstellung kann man weder Salz noch Licht für die Wahrheit sein, sondern man ist Salz wie Salz im Salztrog oder Licht im Sonnenschein seiner selbstgestrickten Frömmigkeit. Diese Art Frömmigkeit mag eine Art der Resignation sein. „Wir können ja sowieso nichts ändern, die Welt ist, wie sie ist. Deshalb nützt öffentliches Engagement nichts“. Sicherlich bezog sich Jesus mit seinen Veranschaulichungen auch auf das persönliche Ausleben christlicher Werte; dies schließt jedoch die nach außen gerichtete Verantwortung des Eintretens für christliche Werte nicht aus.
Nein, wir können und werden die Welt nicht ändern. Deshalb vertrauen Christen dem, was Jackson hier zurecht weiter anführt. Christen vertrauen der Königreichsherrschaft Jesu, unter der wirklicher Frieden, Recht und Freiheit herrschen wird.
Das Königreich sei schon seit 1914 Realität im Himmel – das sollten sich Jehova Zeugen immer bewusst machen, so Jackson. Gleichzeitig aber sagt er, die Zeiten machen es uns schwer, auf das Königreich zu vertrauen. Doch was hat die Menschheit davon, wenn Jesus schon im Himmel regiert, aber hier auf Erden noch das Chaos herrscht?
Wir wollen hier nicht weiter darauf eingehen, woher Zeugen Jehovas zu wissen glauben, dass Jesus 1914 den Thron im Himmel bestiegen hat. Diese Behauptung entspringt ihrer Phantasie und ihrem Unvermögen, sich von dieser Lehre zu trennen, weil sonst ihr ganzes Glaubenssystem zusammenbrechen würde.
Gegen Ende seiner Ansprache kommt Jackson dann auf den eigentlichen Punkt zu sprechen, nämlich „christliche Neutralität“. Es gibt unter Christen heute unterschiedliche Ansichten bezüglich christlicher Neutralität. Was die Wachtturmgesellschaft betrifft: Für sich selbst lehnt sie NICHT das Eingehen politischer Bindungen ab, wie wir noch feststellen werden. Von den einzelnen Gliedern der Christenversammlung erwartet man jedoch volle politische Neutralität.
In den Versammlungen wird zunächst einmal wenig über Politik gesprochen. Man lebt nach der Devise „Der Staat wird das schon richten, er ist ja von Gott dafür eingesetzt worden und Christen sollen sich ihm unterordnen. Der Einzelne soll sich lieber darauf konzentrieren, die Botschaft vom Königreich zu verkündigen. Das Reich Gottes ist alles, irdische Reiche sind nichts.“ Man ist völlig unpolitisch und hat Wichtigeres zu tun.
Doch so unpolitisch, wie die Organisation es von ihren Anhängern erwartet, ist sie selbst bei weitem nicht (Verweis auf ARTIKEL NGO „Die Wachtturmorganisation und die OSZE“).
Obwohl die WTG jegliche politische Tätigkeit und auch jede politisch organisiert humanitäre Hilfe ablehnt, benutzt die Organisation politische Einrichtungen wie die OSZE oder NGO und in der Vergangenheit auch die UN, um ihre Religionsziele durchzusetzen.
Nach außen betrachte sie politisches Engagement als nutzlose Bemühung, die lediglich dazu dient, das System Satans aufrecht zu erhalten; selbst aber nutzt sie staatliche Organisation für das Erreichen ihrer Ziele. Jehovas Zeugen sollen voll und ganz dem Königreich Gottes vertrauen, welches unter Christus alle Probleme der Menschheit lösen soll, doch die Führung der Wachtturm-Gesellschaft geht längst andere Wege. Grundsätzlich ist dagegen nichts einzuwenden; auch die ersten Christen bedienten sich staatlicher Vorteile. Nur die heuchlerische Argumentation – die ist verwerflich.
Diese fatalistische Haltung birgt die Gefahr, dass christliche Werte in der Gesellschaft an den Rand gedrängt werden, weil die Stimme der Christen nicht zu hören ist.
Auch wenn die Erlösung des Menschen durch Jesus Christus die zentrale Mitte des Glaubens aller Christen ist, bedeute dies nicht, dass wichtige politische Ereignisse, besonders wenn es um christliche Werte geht, ihn nicht zu interessieren haben. Wenn es der WTG um staatliche Anerkennung und finanzielle Vorteile geht, sieht sie das Thema Neutralität von einer ganz anderen Seite.
Das Königreich Gottes liegt in der Zukunft, auch wenn die WTG etwas anderes behauptet. Das Reich Gottes ist ein jenseitiges Reich und nicht von dieser Welt. Aber es bricht sich schon im Diesseits seine Bahn. Das Heil des Menschengeschlechts ist das eigentliche Ziel Gottes mit der Welt, was aber das Wohl des jetzigen Menschengeschlechts nicht vollständig ausschließt. Der Glaube ist keine abgehobene rein geistliche Größe, sondern eine irdisch fassbare Wirklichkeit. Jesus kam in die Welt und wurde Mensch, lehrte das Volk, heilte Kranke, speiste die Armen, zahlte Steuern, wies politische Machthaber in ihre Schranken, vertrieb die Wechsler aus dem Tempel – wenn das keine politischen Handlungen waren, was war es sonst?
Auch Paulus berief sich auf sein römisches Bürgerrecht, wies die damaligen Herrschenden mit aller Deutlichkeit und Einfühlsamkeit zurecht, diskutierte mit der geistigen Elite in Athen und stand für göttliche Werte ein.
Angesichts der heutigen politisch gesteuerten Queerbestrebung, in der man
Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen benutzt, um eine Identität jenseits von Kategorien wie „Mann“ und „Frau“ zu schaffen, sollte jeder Christ auch politisch Stellung für Gottes Einrichtung der Ehe, der Familie und für den Schutz des ungeboren Lebens beziehen. Das von der WTG geforderte, passive Verhalten entspricht wohl kaum dem, was die Urchristen vorlebten.
Geoffrey Jackson von der leitenden Körperschaft fordert dazu auf, die christliche Neutralität zu bewahren und sich nicht an der zur Zeit anstehenden Wahl zu beteiligen. Natürlich hat jeder das Recht auf Wahlverzicht, aber das mit der Neutralität ist bei genauerem Hinsehen ein Trugschluss.
Auch wer auf seine Stimmabgabe verzichtet, macht von seinem Wahlrecht Gebrauch. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Nichtwähler oftmals das sogenannte „Zünglein an der Waage“ sind. Mit anderen Worten: Wer nicht wählt, entscheidet, dass die verbliebenen Stimmen der Wählerinnen und Wähler mehr Gewicht haben.
Es könnte demnach durchaus passieren, dass die aktuelle Regierung von den Nichtwählern profitiert und alles beim Alten bleibt. Wer für Werte einsteht, von denen er überzeugt ist, kann sich politisch nicht neutral verhalten. Darüberhinaus spitzt sich die Weltsituation dermaßen zu, dass es kaum möglich sein wird, sich neutral zu verhalten. Die Menschen werden gezwungen, Stellung zu beziehen.
Sich neutral zu verhalten bedeutet nicht einfach, für keine Seite Stellung zu beziehen und auf das Königreicht zu hoffen. Christen unterstützen Gottes Königreich auch dadurch, dass sie wie Jesus für göttliche Werte Stellung beziehen und nicht nur passiv die Hände in den Schoß legen und auf das Königreich Gottes warten.
Die WTG lehrt, „einem König, Präsidenten, Herrscher oder Vertreter der Staatsmacht untertan zu sein und seine Gesetze zu beachten“ – mehr aber auch nicht. Sie erkennt zwar das allgemeine Recht auf Achtung der Gewissensfreiheit an und das Recht jedes Einzelnen, sich öffentlich zu Fragen, die die Gesellschaft bewegen, zu äußern, um aber gleichzeitig eine Mitarbeit als verantwortungsbewusster Bürger im staatlichen Gemeinwesen zu untersagen. Jehovas Zeugen ist es verwehrt, sich aufmerksam und angemessen am politischen Leben zu beteiligen.
Die Bibel dagegen hält dazu an, einen respektvollen Meinungsaustausch zu pflegen, der mit christlichem Verhalten vereinbar ist – auch im sozialen Dienst. Ein Christ leistet humanitäre Hilfe, auch in Krisengebieten, wo ein politischer Konflikt der Grund der Krise sein mag.
Er ist bestrebt, sich an die beiden wichtigsten Gebote Jesu zu halten, nämlich Gott und den Nächsten zu lieben. Er lindert Leid, wo immer es anzutreffen ist, und zwar unabhängig von Hautfarbe, Staatsangehörigkeit, gesellschaftlichem Bewusstsein, politischer Überzeugung oder Religionszugehörigkeit. Ein Christ kann nicht unbeteiligt zusehen und sich dabei auf eine „grundsätzliche christliche Neutralität“ berufen.
„Christliche oder politische Neutralität“ bezieht sich nicht nur auf jegliche Nichtteilnahme an Kriegen und bewaffneten Auseinandersetzungen, sondern wird als völlige politische Inaktivität und Passivität gesehen. Dazu gehört auch, keinerlei Meinung bezüglich gesellschaftlicher, politischer und sozialer Fragen zu haben – de facto nach Vogel-Strauß-Manier den Kopf in den Sand zu stecken –, da Gott bzw. Gottes Königreich "schon alles richten" werde. Damit wird jedem Zeugen Jehovas die Möglichkeit genommen, sich mit seinen Talenten, Begabungen und Mittel zum Nutzen der heutigen menschlichen Gesellschaft einzubringen.
Offensichtlich möchte die WTG, dass die Menschen ihre Begabungen und Talente für sie, die WTG und für ihren verordneten Aktivismus einsetzen. Man beruft sich hierbei nicht nur auf ausgewählte Bibelverse, die sie in ihrem Sinn auslegt, je nachdem, wie es zu ihrer Ideologie und Situation passt, sondern verweist auf Berichte römischer Historiker aus urchristlicher Zeit, gemäß denen die ersten Christen keinerlei Anteil am römischen Staatswesen nahmen.
Doch die Direktanwendung auf heutige Demokratien ist fragwürdig, da es sich beim alten Rom um ein totalitär/absolutistisches Regime handelt und eine Mitwirkung daran als Unterstützung des Kaiserkultes und damit als Götzendienst gedeutet werden musste, wovon bei Mitwirkung an politischen Prozessen in heutigen Demokratien keine Rede sein kann.
Differenzieren Jehovas Zeugen wirklich gut und biblisch?
https://www.youtube.com/watch?v=G1dQGLvw_9I
"Da Christen keinen Einfluss auf das politische Geschehen nehmen, besteht die Gefahr, dass nichtchristliche oder antichristliche Ideologien eine gesellschaftlich beherrschende Position einnehmen. Besonders in westlich geprägten demokratischen Staaten wie den USA, aber auch in Deutschland beobachtet man zur Zeit politische Entwicklungen, die zu einer Auflösung christlicher Werte führen".
..stellt der Artikelschreiber fest.
"Doch die Direktanwendung auf heutige Demokratien ist fragwürdig, da es sich beim alten Rom um ein totalitär/absolutistisches Regime handelt und eine Mitwirkung daran als Unterstützung des Kaiserkultes und damit als Götzendienst gedeutet werden musste, wovon bei Mitwirkung an politischen Prozessen in heutigen Demokratien keine Rede sein kann."
...wird hier weiter ausgeführt.
"Er (der Christ, Einf.) lindert Leid, wo immer es anzutreffen ist, und zwar unabhängig von Hautfarbe, Staatsangehörigkeit…
Danke für die Aufbereitung diese Themas.
Vielleicht erinnert sich noch manche/r von euch an die weltweite Briefaktion der ZJ an "Putin":
https://www.jw.org/de/nachrichten/region/welt/weltweite-briefaktion-beweist-einheit/
Ein paar Monate davor gab es noch diesen Studienwachtturm: *** w16 April S. 27 In einer zerstrittenen Welt neutral bleiben ***, in dem 32 mal das Wort neutral vorkommt. Darauf habe ich Brüder und Schwestern aufmerksam gemacht, die damit protzten, wie viele Briefe sie per Einschreiben nach Russland gesandt hatten, um die politischen Richter zu einen ZJ-gesinnten Urteil zu beeinflussen. Aber da ging es um "Einheit und nicht um Neutralität" und "wenn der Sklave so eine Aktion plant, dann wird es auch gelingen!" Wir kennen alle das Urteil und die Folgen.
Die großen Gewinner waren auf alle Fälle…